Handschriftliche Chronik von 1816-1952 - 1931-1934
Beitragsseiten
1931
7. Januar
Fernsprechautomat
In der letzten Nacht versuchten Diebe die Geldkassette des Fernsprechautomaten am Berliner Bahnhof zu entleeren. Die Diebe zerstörten das Schloß und zerbrachen die Haltevorrichtung, so daß der Apparat unbrauchbar gemacht worden ist. Die Post ist nun gezwungen, den Apparat nach Halle zu schaffen, wo er wieder in Ordnung gebracht wird. Das Fernsprechhäuschen wird dadurch dem Verkehr auf einige Zeit entzogen.
12. Januar
Robert Hennig
Im Alter von 83 Jahren ist Rentier Robert Hennig gestorben, ein geborener Delitzscher, der bis zur Inflationszeit, durch die er selbst verarmte, als Wohltäter in unserer Stadt bekannt war. Er hatte stets eine offene Hand, wenn es galt, Armen zu helfen. Wenigen der jüngeren Generation wird es bekannt sein, daß das Hennig – Schroedter - Haus von ihm gestiftet und nach ihm benannt wurde. Der Stadt vermachte er eine Stiftung " die Hennig - Schroedter Stiftung" im Betrage von 24.000 Mark. In uneigennütziger Weise wirkte er in allen den Organisationen, wo es galt Wohltaten zu stiften.
19. Januar
Feuerwehr
Am Sonnabend abend beging die Freiwillige Feuerwehr ihr 70jähriges Stiftungsfest im Schützenhaus. Sie ist vor 70 Jahren aus der sogenannten Turner- Feuerwehr entstanden, da ihre Mitglieder sich aus dem Turnerverein Delitzsch von 1845 rekrutierten. Die ersten Führer waren der Kaufmann August Rathmann und Buchdruckereibesitzer Meyner. Ihnen folgte im Jahre 1865 der Kaufmann Gustav Schulze, der 50 Jahre das verantwortungsvolle Amt ausübte. 1915 übernahm der Kaufmann F. W. Schultze die Führung, dessen Amtsnachfolger im Jahre 1925 der Schlossermeister Mietzsch wurde. Unter seiner Leitung wurde im Jahre 1927 eine Motorspritze angeschafft, 1928 kam ein automobiler Mannschaftswagen hinzu.
28. Januar
Brisch
Der frühere Landrat des Kreises Delitzsch, Brisch, der vom 1. April 1925 ab nur ein Jahr hier tätig war und aus bekannter Ursache als Regierungsrat nach Düsseldorf versetzt worden ist, ist jetzt vom Staatsministerium zum Oberbürgermeister von Solingen ernannt worden.
2. Februar
Hampe
Am 1. Februar starb hier der verdienstvolle 1. Vorsitzende des Turnvereins Delitzsch von 1845 und Ehrenvorsitzender der Turnvereinigung Louis Hampe.
4. Februar
Scharruhn
In der gestrigen Stadtverordnetenversammlung wurde der bürgerliche Kandidat für den Vorsteherposten, der Stadtverordnete Scharruhn (Wirtsch.) mit 13 gegen 11 Stimmen zum Vorsteher für das Geschäftsjahr 1931 gewählt. Die Stadtverordneten beschlossen, in den großen Baublock in der Bitterfelder Straße 2 Läden anzubauen und in der Eilenburger Straße für die dort infolge des Frostes vor zwei Jahren eingegangenen Bäume im Interesse der Verkehrssicherheit, keine neuen Bäume anzupflanzen.
12. Februar
Braune
Heute begeht die hiesige Fleischerei Braune in der Hallischen Straße das seltene Fest des 150jährigen Bestehens. Dieses Unternehmen wurde von Johann Gottlob Braune 1781 gegründet und ist seit dieser Zeit stets im Besitz der Fleischerei Braune geblieben. Die Firma vererbte sich gewissermaßen immer auf den Sohn des jeweiligen Inhabers. So übernahm im Jahre 1808 Johann Gottfried Braune das Geschäft, das 1851 dessen Sohn Ernst Louis Braune weiterführte, um es im Jahre 1883 seinem Sohn Friedrich Gustav wieder zu übergeben. Dieser führte die Fleischerei bis 1819 (1919 d.A.), die von da ab der jetzige Inhaber Louis Kurt Braune bis auf den heutigen Tag leitet. Blättert man in der Familienchronik weiter, so findet man, daß sich die Familie bis ins 15. Jahrhundert zurückführen läßt. Ehe sie sich in Delitzsch niederließ, weilte sie einige Zeit in Bitterfeld und Jeßnitz.
16. Februar
Kraftpost
Die Kraftpostlinie Delitzsch-Schkeuditz wird mit dem Tage der Verkraftung des Landbestelldienstes eingestellt, das wird am 1. März der Fall sein. Für den Verkehr von Delitzsch nach Glesien und die dazwischen liegenden Orte bleibt dann nur noch die Kleinbahn bestehen.
25. Februar
Vor 100 Jahren
Schon vor 100 Jahren sorgte man sich um das Wohlergehen seiner Mitbürger. So lesen wir in einer Nummer des Nachrichtenblattes des Delitzscher und Bitterfelder Kreises vom Januar 1831 folgende polizeiliche Bekanntmachung: "Durch den öfteren Wechsel von Frost und Thauwetter ist die Gefährlichkeit des Eises, vorzüglich auf dem hiesigen Stadtgraben in diesem Winter weit größer, als früher und es ist zu Verhütung von Unglücksfällen daher besonders nöthig geworden, die gefahrvollen Stellen zu Jedermanns Warnung durch Aufsteckung von Strohwischen kenntlicher zu machen. Indem wir daß hierdurch zur Kenntniß des Publikums bringen, fordern wir namentlich Eltern und Lehrer auf, ihre Kinder und Pflegebefohlnen auf die Beachtung dieser Warnungszeichen aufmerksam zu machen, da die den hiesigen beiden Flurschützen übertragene Aufsicht über das Eis und die Eisbahnen nicht allein imstande ist, möglichem Unglück vorzubeugen.
Delitzsch, den 7. Januar 1831
Der Stadtrat
26. Februar
Leitpostamt
Beim hiesigen Leitpostamt Delitzsch werden am 1. März 1931 zwei Landkraftpostlinien in Betrieb genommen.
9. März
Dr. Laschke
Medizinalrat Dr. Laschke, der frühere Delitzscher Kreisarzt, der seit dem 1. April vorigen Jahres im Ruhestand in Halle lebte, ist gestorben. Mit ihm ist eine Persönlichkeit von uns gegangen, die in jahrelanger segensreicher Tätigkeit, vom 18. Mai 1919 bis zum 29. März 1930, im Kreis Delitzsch gewirkt hat. Medizinalrat Dr. Laschke ist in Posen geboren und gehört zu den vielen Deutschen, die seinerzeit ihre alte, liebgewonnene Heimat, die Provinz Posen verlassen mußten. Er kam aus Schroda in der Provinz Posen nach hier und war außer seiner Tätigkeit als Kreisarzt auch Kreiskommunalarzt beim Wohlfahrtsamt in Delitzsch, Vertrauensarzt der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft und bis 1927 Bahnarzt, seitdem bis zu seinem Tode Kontrollarzt der Reichsbahndirektion Halle.
31. März
Firma Schroeter
Die Firma Waldemar Schroeter in der Schloßstrasse begeht am morgigen Tage die Feier des 50jährigen Bestehens. Im Jahre 1881 gründete Waldemar Schroeter das Unternehmen an seinem Geburtstag, dem 1. April. Er stellte in seiner Werkstatt die damals berühmten Hochräder her. Da diese aber leicht kippten, sann er auf Abhilfe der Gefahr und erfand eine auslösbare Lenkstange, die sich beim Fallen leicht vom Fahrer entfernen und den Sturz nicht mehr so gefährlich werden ließ. Dann kamen die Niederräder auf, mit deren Herstellung und Verbesserung sich Waldemar Schroeter ebenfalls befaßte, bis er sich zu Beginn der 90er Jahre dem Bau von Motorfahrzeugen zuwandte. Er konstruierte und bastelte ständig an Motoren und deren weiteren Ausbau herum, bis er zum Flugzeugbau überging. Zusammen mit dem Leipziger Ingenieur Fritsch fertigte er zunächst einige kleine Modelle an, um sich dann nach günstigen Resultaten der Proben an die Herstellung einer großen Maschine zu machen. Mit diesem Apparat wurden sogar Flugversuche auf dem Schützenhofplatz ausgeführt, die aber wegen Mangel an Zeit und Geld eingestellt wurden. Ganz wie sich Waldemar Schroeter die Entwicklung des Flugzeugwesens gedacht hatte, ist sie auch ihren Weg gegangen. Im vorigen Jahre schloß er seine Augen; seine Frau führt das Geschäft weiter.
31. März
Markt
Da der Marktplatz infolge der mit den Jahren immer größer gewordenen Bäume unübersichtlich geworden ist, sollen nun dort, ebenso wie kürzlich in der Eilenburger Straße die schönen Bäume dem Verkehr zum Opfer fallen. Morgen vormittag wird auf dem Marktplatz eine Lokomobile, wie damals in der Bitterfelder Straße, die Bäume mit Stumpf und Stiel ausreißen, damit keine Baumstümpfe stehen bleiben.
1. April
Neue Wohnungen / Hilfsschule
Die Stadtverordneten beschlossen in ihrer gestrigen Sitzung einen neuen Wohnungsneubau von 60 Wohnungen. Der Neubau soll hinter den im Vorjahr entstandenen Häuserblock in der Bitterfelder Straße kommen. Es sind dort bereits 58 neue Wohnungen entstanden. Auch soll vor dem Neubau ein Bürgersteig angelegt und der Sommerweg gepflastert werden. Für den Neubau will der Magistrat bei der Mitteldeutschen Landesbank ein Darlehn von 50.000 Mark aufnehmen. Im Schloßgebäude soll die Hilfsschule untergebracht werden .Der Kostenaufwand des Umbaus und die Einrichtung ist mit 35.000 Mark veranschlagt.
7. April
Ehrenberg
Am Ostersonntag wurde vom Museumsverein im Schloß das neu eingerichtete Ehrenbergzimmer eingeweiht. Eine große Anzahl Gäste hatten sich auf Einladung im Schloß eingefunden. Christian Gottfried Ehrenberg, geb. 19. April 1795 in Delitzsch, gest. 27. Juni 1876 in Berlin, hat sich als Naturforscher und Begleiter des A. von Humboldt auf dessen Erforschungsreisen durch Asien einen Namen erworben. 389 Werke hat der weitgereiste Mann, an dessen Geburtshaus in der Halleschen Straße die Tafel erfreulicher Weise erneuert worden ist, der Nachwelt überlassen. In der Hauptsache sind es Arbeiten über die Mikroorganismen, die kleinsten Lebewesen; ein Teil von ihnen konnte im Ehrenbergzimmer untergebracht werden.
13. April
Lehrertreffen
Ein großes Treffen von Lehrern, frühere Schüler des hiesigen Seminars fand in den Tagen nach Ostern in Delitzsch statt. Es feierten ein Wiedersehen in alter Tradition nach 10, 15, 20, 25 Jahren die Jahrgänge 1919/22, 1918/21, 1914/17, 1913/16, 1908/11, 1903/06 des hiesigen ehemaligen Seminars. Am Nachmittag begrüßten sich die alten Jugendfreunde in der "Linde". Dann gings ins Städtchen, um die lieben alten Orte noch einmal zu sehen. Abends saß dann der Freundeskreis beisammen, um alte Erinnerungen auszutauschen. Am anderen Vormittag ging es in die Gedächtniskirche, um am Seminarehrenmal einen Kranz niederzulegen. Und darnach gings hinaus zum Friedhof, um die Grabstätten der ehemaligen Seminarlehrer aufzusuchen. Auf dem Rückwege wurden die alten Räume im Seminar und Präparande noch einmal aufgesucht. Und dann hieß es scheiden.
21. April
Einwohnerzahl
Die Einwohnerzahl in Delitzsch beträgt nach den Feststellungen vom 1. April 1931; 16.125 Personen.
6. Mai
Krankenhaus
Der Umbau bezw. Neubau des Krankenhauses ist vollendet. Mit geringen Mitteln hat man es verstanden, das Krankenhaus so herzurichten, daß es allen Anforderungen, die an eine solche Einrichtung gestellt werden, gerecht wird. Sämtliche Räume machen jetzt einen freundlichen, anheimelnden Eindruck. Im einzelnen ist hervorzuheben, daß der Operationssaal um das zweieinhalbfache vergrößert wurde und mit den modernsten Einrichtungen ausgestattet ist, die man im Augenblick kennt. Um den Kranken die Ruhe zu geben, die sie benötigen, hat man die Fenster zunächst an der Straßenseite verdoppelt. Im Garten ist nun als Erweiterung der Frauenstation ein neuer Pavillon erbaut worden. Er bildet fast ein kleines Krankenhaus für sich. Er beherbergt sowohl Schwesternzimmer als auch eine Küche die wieder trotz ihres geringen Ausmaßes alles beherbergt, was gebraucht wird. Es bleibt noch übrig, die Neuanlage von Grünflächen. Um dieses alles fertigzustellen, benötigte man nur 130.000 Mark, wobei die erfreuliche Tatsache festgestellt sein möge, daß diese Summe veranschlagt war und nicht ein Pfennig mehr ausgegeben wurde, was nicht häufig vorkommen dürfte.
23. Mai
Nordplatz
Eine neue öffentliche Fernsprechstelle ist vom hiesigen Postamt am Nordplatz in der Nord-Drogerie dem Verkehr übergeben worden. Ebenso werden in nächster Zeit am Nordplatz drei Freimarkengeber angebracht werden.
28. Mai
Verbandstag
Am 27. und 28. Mai fand in Delitzsch der 34. Verbandstag gewerblicher Genossenschaften statt. Am Nachmittag des 27. Mai eröffnete Stadtrat Pflugmacher - Magdeburg den Verbandstag mit Begrüßungsworten an die vielen Teilnehmer. In der geschäftlichen Generalversammlung wurde die Jahresrechnung für das Jahr 1930 erledigt. Es wurden Wahlen vollzogen. Unmittelbar anschließend fanden getrennte Fachverhandlungen statt. Nach Schluß der Tagung fand um 19 Uhr am Schulze - Delitzsch Denkmal eine kurze Gedenkfeier statt. Nach der darauffolgenden Kranzniederlegung am Denkmal beschloß ein Lied der Schulze-Delitzsch Liedertafel die Gedenkfeier. Am Abend fand im Schützenhause ein Begrüßungsabend statt. Die Schulze–Delitzsch Liedertafel und der Turnverein von 1845, beide bekanntlich Gründungen des Altmeisters des Genossenschaftswesens Dr. Hermann Schulze - Delitzsch, hatten sich in den Dienst der Sache gestellt. Am 28. Mai vormittags von 10 Uhr ab fand dann die Hauptversammlung des Genossenschaftstages statt.
6. Juni
Findling
Der Findlingsblock, der im Stadtpark aufgestellt worden ist, trägt jetzt einem Beschluß des Magistrats entsprechend das Delitzscher Stadtwappen. Der massive Stein macht einen würdigen Eindruck.
10. Juni
Hiller
Die kommissarische Verwaltung von Polizeimeister Hiller nimmt sein Ende, an seiner Stelle tritt Polizeileutnant Mühle. Es tritt erneute Gehaltskürzung der Beamten und Angestellten ein.
1 .Juli
Erwerbslose
Die Zahl der Erwerbslosen steigt weiter in erheblicher Weise.
13. Juli
Notverordnung
Die Finanzen des Reiches werden immer schwieriger. Es folgt Notverordnung auf Notverordnung. Es muß eine Rationierung der Gehaltszahlungen eintreten, die künftig zunächst halbmonatlich erfolgen, später sogar in drei Teilbeträgen am 1., 11. und 21. des Monats.
25. Juli
Zeppelin
Gestern nachmittag gegen 3 Uhr ertönte der Ruf: Er kommt! - nämlich der "Graf Zeppelin", der sich von Friedrichshafen auf der Fahrt nach Berlin der ersten Station auf der Arktisfahrt, befand. Vom Roßplatz aus, besser von den Dächern der Häuser konnte man ihn beobachten. Von Leipzig kommend fuhr er in nordöstlicher Richtung davon.
30. Juli
Unfall
Gestern vormittag stieß am Bahnübergang der Sorauer Bahn in der Leipzig Straße ein Privatauto mit einem Radfahrer zusammen. Der Radfahrer, der von Leipzig her auf dem (von der Fahrrichtung aus gesehen) auf der linken Seite der Leipziger Chaussee befindlichen Radfahrwege fuhr und nach Überquerung der Bahngleise auf die rechte Seite der Leipziger Straße hinüberlenkte, bemerkte wohl zu spät ein ihm entgegenkommendes Auto, das aber nicht mehr in der Lage war, wirksam zu bremsen. So fuhr der Radfahrer gegen den linken Kotflügel und schlug mit dem Kopf in die Scheibe am Führersitz des Autos. Infolge des Anpralls wurde der Fahrer auf den Bürgersteig geschleudert und erlitt schwere Verletzungen. Mit einer klaffenden Schädelwunde wurde er ins Krankenhaus Delitzsch durch das Sanitätsauto eingeliefert, wo er heute noch besinnungslos liegt. An seinem Aufkommen wird gezweifelt.
10. August
Volksbegehren
Der Stahlhelm leitete im Frühjahr ein Volksbegehren über Auflösung des preußischen Landtages ein, das am 21. April zum Abschluß gelangte und erfolgreich war. Im Kreis Delitzsch betrug die Beteiligung 32 Prozent aller Wahlberechtigten. Der am gestrigen Tag den 9. August stattgefundene Volksentscheid dagegen verlief ungünstig, da sich im Lande nur 37,1% der Wahlberechtigten für die Auflösung erklären, während 50% nötig sing. In Delitzsch betrug die Beteiligung 49,3% im Kreise 59,3%.
13. August
Schwan
Gestern früh fand man den letzten von den fünf jungen Schwänen, der mittlerweile halb so groß war wie die Alten, tot auf. Man hat ihn zur Feststellung der Todesursache nach Halle gebracht.
24. August
Kraftpost
Vom 1. September ab verkehrt werkstags ein Kraftomnibuspaar zwischen Delitzsch und Glesien, und zwar ab Sorauer Bahnhof 14.48 Uhr ab Glesien 16.03 Uhr. Das abends vorgesehene Kraftomnibuspaar ab Delitzsch 19.05 Uhr verkehrt wegen zu geringer Besetzung nur an Sonn- und Festtagen.
26. August
Explosion
Heute morgen gegen 8 Uhr entstand aus noch ungeklärter Ursache eine Explosion im Eisenbahn-Ausbesserungswerk, die den Einsturz eines Schuppens zur Folge hatte. Glücklicherweise war nur 1 Arbeiter in dem Schuppen beschäftigt, der im Gesicht und am Arm Brandwunden erlitt. Er wurde mit dem Auto der Delitzscher Freiwilligen Sanitätskolonne nach Halle gebracht. Der durch die Explosion entstandene Brand konnte von der Werksfeuerwehr im Keime erstickt werden.
29. August
Türkenente
Die Türkenente, die ein besonderes Prachtstück des Stadtgrabens darstellte und in diesem Sommer eine Anzahl junger Entchen spazierenführte, von denen allerdings nur eine junge Türkenente groß geworden ist, wurde gestern tot aufgefunden. Lichtscheues Gesindel hat vermutlich das Tier mit einer Angelschnur ans Land ziehen wollen, die aber gerissen ist. Man fand nämlich im Schlund einen rostigen Angelhaken, der schon längere Zeit sich dort festgesetzt haben muß. Das Tier war vollständig abgemagert, da der Haken die Nahrungsaufnahme verhinderte. Die Rohlinge sind leider nicht erwischt worden.
8. September
Gedenkfeier
Am Sonntag den 6. September nachmittag 3 Uhr fand die 300 Jahrfeier der Schlacht bei Breitenfeld am Gustav-Adolf Denkmal bei Breitenfeld (unweit Radefeld) statt. An der Feier nahmen außer den Militärvereinen aus der Umgebung auch Abordnungen der schwedischen und finnischen Armee teil.
8. September
Jubiläumsfeier
Am 6. September konnte der Lehrerverein Delitzsch u. Umgegend auf sein 60jähriges Bestehen zurückblicken. Gründer des Vereins waren Günther - Wolteritz und Kölling - Werbelin. Anfang der 90er Jahre hatte den Vorsitz Pasch - Delitzsch, von 1893 ab Seminarlehrer Schröter, ihm folgte vorübergehend Petzold, von 1893-1903 Deiholer - Brinnis, nach ihm bis 1919 L. Richter, bis 1924 Hirschfeld, von 1924-1928 Trebs, ihm folgte Mertin und seit Beginn dieses Jahres Förster, sämtlich aus Delitzsch. Zur Feier selbst waren als Ehrengäste erschienen Schulrat Sehmisch, als Vertreter der Schulaufsichtsbehörde, Regierungsassessor Dr. Schönberg, Stadtrat Schmidt als Vertreter des Magistrats, Superintendent Fries sowie die Pfarrer Siebert und Suckert, Rektor Voigt - Magdeburg, der Vorsitzende des Provinzialverbandes und Rektor Schmöller - Halle. Im Mittelpunkt des Festabends stand ein Vortrag des Rektors Zwanzig - Wittenberg. Umrahmt war dieser Vortrag von musikalischen und gesanglichen Darbietungen, die wohlverdienten, stürmischen Beifall fanden.
14. September
NSDAP
Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter (Partei d.A.) hat auch in Delitzsch an Mitgliedern bedeutend zugenommen. Unter Beteiligung von etwa 400 SA-Leuten aus dem Osten des Regierungsbezirks Merseburg, in der Hauptsache aus Eilenburg veranstaltete gestern die Nationalsozialistisches Deutsche Arbeiterpartei, Ortsgruppe Delitzsch einen Aufmarsch in den Mauern unserer Stadt. Die Veranstaltung nahm ihren Anfang mit einem großen Appell auf dem Schützenhofplatz. Nach dem Mittagessen aus der Feldküche stellte man sich zum Propagandamarsch an, der durch alle Hauptstraßen und viele Nebenstraßen der Stadt führte, und mit einem Vorbeimarsch an der Post vor den Führern endete. Abends fand im Schützenhofsaal eine öffentliche Versammlung statt. Ein Redner sprach über " Nationalsozialismus und Wehrgedanke". Eine scharfe Wendung des Redners, die als gegen den Reichspräsidenten gerichtet zu deuten war, veranlaßte die Polizei eine Verwarnung zu erteilen mit dem Hinweis, daß bei Wiederholung eines derartigen Vorkommnisses, die Versammlung aufgelöst werden würde. Zu Zwischenfällen kam es dann nicht mehr.
2. Oktober
Landrat
Als Grund der allgemeinen geldlichen Schwierigkeiten hat Landrat Meister- Delitzsch auf einen Teil seiner Bezüge, nämlich auf 1.300 Mark jährlich freiwillig verzichtet.
3. Oktober
Borchhardt
Der langjährige Rektor der Mädchenvolksschule, Karl Borchhardt, ist am 1. Oktober in den Ruhestand getreten. Über seinen Nachfolger ist von der Regierung noch nichts bestimmt worden. Die Nachricht einer auswärtigen Zeitung, daß in die freigewordene Stelle der Rektor Otto Schiedt aus Ahlsdorf berufen worden sei, konnte noch nicht bestätigt werden.
5. Oktober
Bautätigkeit
Die Bautätigkeit in diesem Jahr ist weit geringer als im Vorjahr. Vier Neubauten wurden durch den Bauverein für Eisenbahnbeamte und Arbeiter e.G.m.b.H. in Angriff genommen und durchgeführt. So entstehen 24 Wohnungen in der Anger- und Lindenstraße. Die Stadt beschränkte sich auf den weiteren Ausbau der neuerrichteten Häusergruppe am Wasserwerk (Bitterfelder Straße) und weitere Umarbeiten im Schlossgrundstück, die sich als nötig erweisen, um für die Hilfsschule und die Kaufmännische Berufsschule geeignete Klassenräume zu schaffen. Außerdem werden das alte Gefängnis Eingangstor sowie die an der Schlosspromenade entlang führende alte Gefängnismauer abgebrochen, wodurch ein schönerer Anblick erzielt wird. Alle diese Bauten erfordern der Stadt einen Kostenaufwand von 31.000 Mark.
5. Oktober
Dr. Voigt
Die Nachricht von dem Ableben des Sanitätsrats Dr. Voigt überraschte die Bewohner der Stadt. Noch vor wenigen Tagen machte er in der Stadt seine Besuche und fuhr auf das Land zu seinen Patienten. In diesem Monat werden es 25 Jahre, daß Dr. Voigt von Mühlberg - Elbe kommend seine Praxis in der Eilenburgerstraße begann. Besonders während des Krieges hat er sich große Liebe erworben, wo er der einzige Arzt in der Stadt war. Sanitätsrat Dr. Voigt gehörte zu dem Bilde unserer Stadt und vieler Dörfer.
10. Oktober
Brotpreis
Durch die fortgesetzten Preissteigerungen hat sich das Bäckergewerbe entschließen müssen, den Brotpreis um 1 Pfennig pro Pfund zu erhören. Bisher kostete das Pfund Brot 17 Pfennige, jetzt 18 Pfennige. Ein 3-Pfundbrot kostet demnach in Delitzsch 54 Pfg. während man in Berlin für ein 2½ Pfund Brot 50 Pfg. bezahlt.
11. Oktober
Winterhilfswerk
Der große Notstand unter den vielen Erwerbslosen der Stadt hat die maßgebenden Stellen veranlaßt, ein allgemeines Winterhilfswerk zu organisieren. Es wurden Sammlungen durchgeführt. Aus städtischen Mitteln werden unterstützt 2254 Personen. Auf den Kopf der Bevölkerung entfallen 41,3 M Fürsorgelasten pro Jahr. Notwendig wird im kommenden Winter eine zusätzliche Unterstützung für kinderreiche Familien. Es werden Kleidungsstücke, Wintersachen usw. ausgegeben. Das große Winterhilfswerk soll am 1. November in Gang gebracht werden.
26. Oktober
Flugtag
Gestern hatte Delitzsch seinen Flugtag. Trotz des regnerischen Wetters hatte eine erhebliche Anzahl Zuschauer aus Delitzsch und Umgegend auf dem Flugplatz an der Schenkenberger Mühle eingefunden. Es standen vier Sportflugzeuge und ein viersitziges Verkehrsflugzeug zur Verfügung. Mit dem letzteren fanden Rundflüge über Delitzsch statt. Eine Anzahl Zuschauer ließ sich die Geldsumme von 7 Mark nicht verdrießen, um einmal die Heimatstadt aus der Vogelschau zu betrachten. Den Höhepunkt der Veranstaltung aber bildeten die Kunstflüge und ein Fallschirmabsprung aus etwa 300 m Höhe.
30. Oktober
Bürgersteuer
Die Regierung in Merseburg hat nach einem gestern hier eingegangenen Bescheid verfügt, daß in Delitzsch der dreifache Satz der Bürgersteuer im laufenden Etatsjahr erhoben wird. Sie beträgt also 18 M in der niedrigsten Stufe und ist ab Januar in sechs Monatsraten zahlbar.
19. November
Schiedt. Dem Rektor Schiedt aus Ahlsdorf bei Eisleben ist die Stelle des Rektors der hiesigen Mädchenvolksschule ab 1. Dezember übertragen worden.
21. November
Winterhilfswerk
Die im November vom Winterhilfswerk 1931 durchgeführten Geldsammlungen zur Unterstützung Bedürftiger haben insgesamt 2195,35 RM ergeben.
5. Dezember
Diebstahl
In der letzten Nacht wurden aus dem Postschuppen am Sorauer Bahnhof nahezu 30 Postpakete gestohlen. Der Schuppen war doppelt verschlossen. Die Schlösser sind wahrscheinlich mit Nachschlüsseln geöffnet worden.
5. Dezember
Justizrat Dr. Schulze
Ganz plötzlich und unerwartet hat eine unbekannte Persönlichkeit der Stadt Dr. Hermann Schulze, Justizrat hierselbst die Augen für immer geschlossen. Justizrat Schulze hat sich vor allem auf dem Gebiet der Heimatforschung große Verdienste erworben. Als Vorsitzender des Museumsvereins sorgte er seinerzeit für die Unterbringung der wertvollen Erinnerungsstücke an die Vergangenheit unserer Heimat im Schloß. Mit vieler Mühe und Liebe richtete er die neuen Museumsräume selbst ein, auch der neue Druck der Lehmann'schen Chronik ist sein Werk. Neben dieser Tätigkeit auf heimatkundlichem Gebiet spielte der so plötzlich Verblichene im kommunalpolitischen Leben eine Rolle. Von 1908 bis 1920 war er Stadtverordneter, die meiste Zeit davon auch Stadtverordnetenvorsteher.
12. Dezember
Oberrealschule
Durch Hallesche Blätter ging vor kurzem die Nachricht, daß man beim Ministerium plant, auf Grund von Sparmaßnahmen die Oberrealschule in Delitzsch aufzuheben. Trotzdem der maßgebenden Stelle hierselbst, dem Magistrat, von diesem beabsichtigten Kulturabbau nichts bekannt war, hält sich das Gerücht weiter und wurde durch mündliche Fühlungsnahme bestätigt. In einer öffentlichen Versammlung in der Aula der Oberrealschule wurde schärfster Protest gegen diese Abbaupläne des Staates eingelegt, zumal der Staat nur einen geringen Teil des Zuschuß zur Unterhaltung der Oberrealschule leistet, nämlich 8000 RM, während die Stadt 106.000 RM aufzubringen habe. Einstimmig wurde Stellung genommen gegen die Absichten des Provinzialschulkollegiums und eindringlich auf die großen kulturellen und wirtschaftlichen Schäden hingewiesen, die Stadt und Kreis Delitzsch erleiden würden. Ein Arbeitsausschuß, dem 1. Bürgermeister Böttcher, 2. Bürgermeister Dr. Baumgardt, Diplom-Kaufmann Hoyer, Dr. Freyberg, der frühere langjährige Direktor der Anstalt Dr. Wahle, Stadtverordnetenvorsteher Scharruhn und Kreisausschußsekretär Richter, sowie der Elternbeirat angehören wurde beauftragt, energische Schritte in Magdeburg und beim Kultusminister in Berlin zu unternehmen. Eine Abordnung wird sich in den nächsten Tagen zu diesem Zwecke zum Provinzialschulkollegium und zum Volksbildungsministerium begeben.
1932
6. Januar
Sauerteig
Am 1. Januar 1932 war Lehrer Sauerteig hierselbst 25 Jahre Organist der hiesigen Stadtkirche.
11. Januar
Schulabbau der Oberrealschule
Zum Schulabbau in Delitzsch ging heute beim Magistrat vom Provinzialschulkollegium folgendes Schreiben ein: " Bisher haben zwischen den dortigen Herren Vertretern und unseren Dezernenten nur unverbindliche Besprechungen betreffs etwaiger Änderungen im Schulwesen der Stadt Delitzsch stattgefunden. Nach der uns vom Minister Wissenschaft, Kunst und Volksbildung kürzlich mitgeteilten Richtlinien werden Pläne, die auf eine Aufhebung oder Einschränkung der dortigen Oberrealschule abzielen, von den Schulbehörden nicht verfolgt".
Auch Handelsminister Dr. Schreiber, der gestern in einer Versammlung der Staatspartei im Hotel " zum Schwan " sprach, kam auch auf das Thema " Abbau der Oberrealschule " zu sprechen und äußerte, daß ihm vom Kultusministerium vor zwei Tagen die Antwort geworden sei, im Kultusministerium sei von einem Abbau der Delitzscher Oberrealschule nichts bekannt. Er, der Minister, stände ebenfalls auf dem Standpunkt, daß die Delitzscher Oberrealschule erhalten bleiben müsse und werde für die Delitzscher Interessen in Berlin gerne eingetreten.
20. Januar
Stadtverordnetenvorsteher
In der gestrigen Stadtverordnetensitzung wurde Gewerbeoberlehrer Scharruhn wie im Vorjahr zum Stadtverordneten-Vorsteher wiedergewählt.
15. Februar
Hindenburg
Am Sonnabend abend wurden im ganzen Reich die Einzeichnungen für die Volkskandidatur Hindenburgs geschlossen. In Delitzsch Stadt hatten sich in die Listen insgesamt 1131 Personen eingetragen.
16. Februar
Mühle
Der Führer der Delitzscher Polizei, Leutnant Mühle, verläßt demnächst seinen Posten wieder. Leutnant Mühle ist in Kolberg zum Polizeikommissar gewählt wurden. So tritt abermals ein Wechsel in der Führung der Polizei ein, nachdem sich Leutnant Mühle eben erst in sein neues Amt eingearbeitet hat.
19. Februar
Winterhilfswerk
Im November v. J. hatte sich in Delitzsch eine Organisation unter Leitung von 2. Bürgermeister Dr. Baumgardt gebildet, die sich " Winterhilfswerk " nannte und die Aufgabe sich stellte, alte und notleidende Familien zu unterstützen und so durch den harten Winter zu helfen. Durch Veranstaltungen und Aufruf wurden aller Art Spenden und Geld und Geldeswert entgegengenommen. An Bargeld und Gutscheinen sind bisher beim Winterhilfswerk rund 10.000 Mark eingegangen, die zum weitaus größten Teile auch schon verteilt sind. Mit dem März findet das Winterhilfswerk seinen Abschluß. Es wurden 625 Anträge berücksichtigt. Darauf entfallen 184 Rentner im Alter von 45-85 Jahren, 439 erwerbslose Familien. Bewilligt wurden in 48 Fällen Geldunterstützungen, 277 Fällen Kleidung, 204 Fällen Lebensmitteln, 96 Fällen Kohle. Es wurden im ganzen 810 Personen unterstützt.
4. März
Wechsel
Da Leutnant Mühle in den nächsten Tagen Delitzsch verläßt, um seine neue Stelle als Polizeikommissar in Kolberg anzutreten, ist Oberleutnant Göpel vom Polizeipräsidium Halle nach Delitzsch abkommandiert worden.
13. März
Reichspräsidentenwahl
Die gestrige Wahl zum Reichspräsidenten hat für die Stadt Delitzsch folgendes Wahlergebnis:
Duesterberg 721 Stimmen
Hindenburg 3507 Stimmen
Hitler 2618 Stimmen
Thälmann 2803 Stimmen
Winter 18 Stimmen
ungültig 79 Stimmen
Zugenommen hat die hinter Hitler stehende Partei ( NSDAP) da sie bei der letzten Reichstagswahl am 14. September 1930 nur 1503 Stimmen hatte.
15. März
Titel
Zimmermeister Franz Schulze und Maurermeister Albert Metzner haben die Berechtigung erhalten, den Titel Baumeister zu führen.
22. März
Gedenkfeier
Vor hundert Jahren am 22. März 1832 starb in Weimar Deutschlands Dichterfürst Wolfgang von Goethe. Aus Anlaß dieses Tages fanden überall Gedenkfeiern statt. In Delitzsch wurden in allen Schulen würdige Goethefeiern abgehalten.
1. April
Gaswerk
Die Stadt hat den Vertrag mit dem hiesigen Gaswerk verlängert um weitere drei Jahre mit dem Wunsche nach Einführung der Fernzündung. Das Werk ist bereit, die Fernzündung der Gaslampen einzuführen. Dadurch wird erreicht, daß alle Straßenlaternen in der Stadt genau nach dem vom Magistrat aufgestellten Brennplan zu gleicher Zeit angezündet und gelöscht werden.
25. April
Landtagswahl
Der Stimmzettel der gestrigen Landtagswahlen in Delitzsch enthielt 20 Parteien. Die NSDAP hatte gegenüber der Reichspräsidentenwahl am 12. März wiederum eine Zunahme zu verzeichnen, alle andern Parteien verlieren an Stimmen. In Delitzsch beträgt die Stimmzahl der NSDAP 3191, SPD 1238, KPD 2130, DNVP 468, Soz.Arb.P.D 342, Deutsche-Volksp. 310 Stimmen. Die übrigen unter 200 Stimmen bleibenden Parteien kommen nicht mehr in Betracht.
29. April
Kraftpost
Am 22. Mai wird die Kraftpostlinie Delitzsch- Löbnitz- Bitterfeld teilweise eingestellt. Sie verkehrt dann nur noch Mittwochs, Sonnabends und Sonntags. Die Post, die bisher von Bitterfeld nach Löbnitz mit dieser Kraftpost befördert wurde, wird künftig von Delitzsch aus mit den kleinen Landkraftwagen nach Löbnitz befördert. Auch diese können dann Passagiere mitnehmen.
3. Mai
Landheim
Zu einer Walpurgisfeier waren am Sonnabend den 30. April unter Leitung von Lehrer Reinboth 20 Jungen und Mädel der Oberrealschule Delitzsch zum Landheim in der Dübener Heide bei Rotta gezogen. Die große Lichtung neben dem Heim ist für eine solche Veranstaltung wie geschaffen. Die bösen Geister kann man durch Feuer schrecken, wenn man abgestorbenes Holz, Gras und dürre Nadeln, worin der "Tod" sitzt verbrennt. Mit großem Eifer wurden die Vorbereitungen getroffen und die Feier durchgeführt.
4. Mai
Erwerbslose
Trotz dem im Gebiet des Kreises Bitterfeld eine gewisse Verbesserung des Arbeitsmarktes zu verzeichnen sein soll, ist dennoch die Anzahl der Wohlfahrtserwerbslosen bei uns ständig gestiegen. Vor rund einem Monat standen 1073 Parteien in der Betreuung des Wohlfahrtsamtes. Die Zahl wuchs auf 1086, erreichte in der vorigen Woche 1103 und stieg weiter zur jetzigen Woche auf 1120 Wohlfahrtserwerbslosen Parteien die von Stadt unterhalten werden müssen.
10. Mai
Kohlstraße
Heute sind es 400 Jahre, daß in der Kohlgasse, heute Kohlstraße, durch ein Feuer, 24 Geschäfte ein Raub der Flammen wurden. In kurzer Zeit entstanden die Hofstätten wieder schöner und festgefügter als vordem.
12. Mai
Stadtgraben
Viele Delitzscher Naturfreunde haben bisher vergeblich auf Belebung unseres Stadtgraben durch junge Enten in diesem Jahre gewartet. Es ist festgestellt worden, daß in sehr vielen Fällen die Enteneier aus den Nestern heraus gestohlen worden sind. Auf diese Weise sind über hundert Eier abhanden gekommen. Heute morgen nun konnte eine Entenmutter beobachtet werden, wie sie sieben kleine Entchen voll Stolz auf dem Stadtgraben ausführte.
24. Mai
Spröde
Die städtischen Körperschaften nahmen gestern eine Forstbesichtigung in unserer Spröde statt. Der größte Teil des Forstes wurde in Augenschein genommen. In Anschluß daran fand eine Aussprache statt. Es wurde beschlossen, den Fußweg nach der Spröde zu verbessern, mehr Bänke aufzustellen und Wegweiser anzubringen. Der Aufenthalt in der Spröde soll unsern Bewohnern so angenehm wie möglich gemacht werden.
6. Juni
Wiedersehensfeier
Eine frohe Wiedersehensfeier verlebten gestern 15 Lehrer, Zöglinge der ersten vier Jahrgänge (1874–1878) des ehemaligen hiesigen Seminars in der "Linde".Am Vormittag wurden die Gräber der hier ruhenden alten, lieben Lehrer besucht, dann die Namen der Anwesenden in das "Goldene Buch" eingetragen. Nach dem gemeinsamen Mittagessen und einem Rundgang durch die Stadt saß man zusammen und erzählte sich die Erlebnisse der vergangenen Jahre. Im nächsten will man sich wiedertreffen.
11. Juni
Wasserrutschbahn
Der Magistrat hat im Freibad an der Elberitzmühle eine Wasserrutschbahn errichten lassen, um dadurch einerseits jung und alt eine besondere Freude zu bereiten und andererseits die Frequenz zu steigern. Die Wasserrutschbahn, die in den Mittelteil des Bades mündet, ist mit einem Kostenaufwand von 150 Mark errichtet worden und mit Linoleum belegt. Es ist anzunehmen, daß sich vor allen Dingen die Jugend rege an der Wasserrutschbahn betätigen wird das umsomehr, als die Badepreise bekanntlich gesenkt worden sind. Ferner ist geplant in der Spröde ein Kindererholungsheim zu errichten. Als Platz ist ein Stück des von der Provinzialstraße links liegenden Waldes vorgesehen. Im Wald selbst wird unter Erhaltung des guten Baumstammes ein genügend großer Spielplatz ausgeholzt und auf ihm findet die Tagesbaracke Aufstellung. Anschließend an den Wald aber außerhalb desselben wird eine Spielwiese hergerichtet, eine Planschwiese, auch das Küchengebäude und der Brunnen. Der ganze Plan geht vom 2. Bürgermeister Dr. Baumgardt aus und einem Gutachten des Stadtarztes Dr. Zaar, der in eindringlichen Worten die Vorteile eines solchen Tageserholungsheimes auseinandersetzt.
13. Juni
Jugendherberge / Harmonium
Der Magistrat hat beschlossen, die bisher vom Jugendherbergsverband unterhaltene Jugendherberge am Kyhnaer Weg auf die Stadt zu übernehmen, nachdem das Grundstück zur Zwangsversteigerung gekommen und in den Besitz der Stadtsparkasse, die es für 6000 Mark erwarb, gelangt ist. Ferner wurde die Beschaffung eines Harmonium für die Friedhofskapelle beschlossen.
30. Juni
Halle-Sorauer Eisenbahn
Am heutigen 30. Juni sind es genau 60 Jahre her, seitdem die Eisenbahnstrecke Halle-Delitzsch-Eilenburg der Halle-Sorau-Gubener Eisenbahn dem öffentlichen Verkehr übergeben wurde. Die Eröffnung der Bahn war für unsere Stadt natürlich ein wichtiges Ereignis. Eine Fahrkarte - damals hieß es Billet - kostete in der 3. Klasse von Halle nach Delitzsch 1,10 Mark, in der 2. Klasse 1,60 Mark und in der 1. Klasse 2,20 Mark. Freilich hatte die Mark damals eine höhere Kaufkraft als heute.
1. Juli
Wiedersehensfeier
Vor 50 Jahren verließen 30 Zöglinge des Jahrganges 1979-82 (1879-82 d.A.) des früheren hiesigen Seminars die Anstalt um als Lehrer tätig zu sein. Gestern fand in der Linde eine Wiedersehensfeier statt. Es leben noch 15 Lehrer, alle waren anwesend. Man beschloß, sich nun jährlich zu treffen.
25. Juli
Louis Hampe
Am gestrigen Sonntag versammelten sich die Turnvereine des Sorbengaues in Delitzsch, um die Weihe des Ehrenmals, des am 1. Februar 1931 verstorbenen 1. Gauvertreters Louis Hampe - Delitzsch, vorzunehmen. Ein schlichter großer Stein, umgeben von zahlreichen Tannen und Zedern, krönt das Grab und trägt die Aufschrift "Louis Hampe, geb. 13.12.1866, gest. 1.2.1931, Seinem Gauvertreter in Dankbarkeit. Der Sorbengau." Am Grabe sprach der 2. Gauvertreter Trojahn - Greppin. Die Vertreter des Bitterfelder, Delitzscher und Eilenburger Bezirkes dankten durch Niederlegung von großen Eichenkränzen mit rotweißen Schleifen. Der Turnverein Delitzsch von 1845 ehrte seinen Führer für seine 25jährige Tätigkeit als Vereinsvorsitzenden ebenfalls durch einen schönen Eichenkranz mit Schleife. Von Seiten der Stadtverwaltung war der Dezernent Stadtrat Tauche erschienen.
27. Juli
Reichsbahn
Die Reichsbahn hat sich entschlossen die im Laufe der letzten Jahre veralteten Stellwerke an der Beerendorfer und Dübener Straße neu zu errichten. Die alten Stellwerke hatten den Nachteil, daß sie allzudicht an die Bahnkörper, vor allen Dingen an die Oberleitung herangebaut waren, und besonders litt bei dem Stellwerk an der Beerendorfer Straße der Schrankenwärter darunter, daß er die aus der Eisenbahnstraße kommenden Fahrzeuge nur schwer rechtzeitig erkennen konnte. Das Stellwerk an der Beerendorfer Straße wird deshalb auf die gegenüberliegende Seite des Überganges verlegt und erweitert. Das an der Düberner Straße wird ebenfalls modernisiert und etwa an der selben Stelle, wo das alte sich befindet, neu errichtet werden. Es soll durch diesen Umbau den Bediensteten in den Stellwerken eine bessere Übersicht nicht nur der Bahnanlagen, sondern auch der Straßen ermöglicht werden.
1. August
Reichstagswahl
Bei der gestrigen Reichstagswahl war folgendes Wahlergebnis in Delitzsch Stadt:
Sozialdemokraten 1641 Stimmen
Nationalsozialisten 3373 Stimmen
Kommunisten 2766 Stimmen
Deutschnationale 567 Stimmen
Zentrum 203 Stimmen
Der Stimmzettel enthielt 32 Parteien – Alle übrigen Parteien erhielten weniger als 200 Stimmen.
2. August
Gewitterfliegen
Einen seltene Folgeerscheinung der schwülen Witterung am Sonnabend und Sonntag war das Erscheinen der plötzlich in großer Masse auftretenden Gewitterfliegen. Besonders schlimm war es in den Nachmittagstunden. Kinder kamen weinend nach Hause gelaufen, weil sie es vor Jucken nicht mehr aushielten. Ebenso schnell, wie sie gekommen waren, verschwanden dann auch wieder diese Fliegen, die der Volksmund Kornfliegen nennt.
15. August
Reichsjugendwettkämpfe
Gestern fanden in unserer Stadt bei starker Beteiligung die diesjährigen Reichsjugendwettkämpfe statt. Schon am Sonnabend abend wurden die Reichsjugendwettkämpfe durch einen Stafettenlauf rund um die Delitzscher Altstadt eröffnet. Sieger war T.V. Einigkeit mit etwa 10 m Vorsprung vor Oberrealschule, dicht gefolgt vom T.V. von 1845. Am Sonntag vormittag fanden auf dem denkbar günstigen Gelände des 1. Sportvereins Concordia die Einzelwettkämpfe der verschiedenen Jahrgänge statt. Eine kurze Morgenfeier eröffnete den Tag. Pfarrer Siebert hielt die Ansprache. Eine Freude war es, den sich über den ganzen Vormittag erstreckenden Einzelkämpfen zuzusehen. An diesen Kämpfen war nicht nur die Schuljugend beteiligt, sondern auch die schon der Schule entwachsenen Mitgliedern vieler Delitzscher Turn- und Sportvereine. Gegen 13 ½ Uhr traten dann alle Teilnehmer zum Ummarsch durch die Stadt an. Ein äußerst stattlicher Zug setzte sich unter den frischen Marschklängen der Kapellen Preuß und Wächter in Bewegung. Nach dem Einmarsch auf den Concordiaplätzen fanden zunächst Massenfreiübungen statt, dann anschließend Vorführungen des Schwimmclubs Neptun, Faustballspiele u.a.. Bis zur Abendstunde dauerten die Wettkämpfe, dazwischen Konzertmusik der Kapellen. Die Schlußansprache hielt 2. Bürgermeister Dr. Baumgardt.
18. August
NS-Lehrerbund
In Delitzsch hat sich ein Nationalsozialistischer Lehrerbund gebildet. Er führt den Namen NS Lehrerbund Delitzsch u. Umg. und hält seine Monatsversammlung im goldenen Adler ab. Vorsitzender ist Lehrer Wolf - Krippehna.
25. August
Orgelfeierstunde
Die evangelische Kantoren- und Organistenvereinigung Delitzsch u. Umg. veranstaltete am Mittwoch in der Stadtkirche eine Orgelfeierstunde. Organist Sauerteig spielte Werke von Bach, Mendelsohn, Rheinberger und Beethoven. Seine musikalische Auffassung und seine Beherrschung der Technik des Orgelspiels stellte er auch hier wieder unter Beweis und schuf den Zuhörern wieder eine Erbauungsstunde, die unvergessen bleiben wird. Im Anschluß hieran tagten die Organisten und Religionslehren in der "Stadt Berlin" und beschäftigen sich mit der Einführung und Entwicklung des neuen fortschrittlichen Gesangbuches.
5. September
Werkstättenteich
Auf Grund der Verordnung über den freiwilligen Arbeitsdienst will die deutsche Reichsbahngesellschaft Verbesserungen der sportlichen und sonstigen, ihren Bediensteten zugänglichen Anlagen vornehmen. Das Bad am Werkstättenteich soll so ausgebaut werden, daß es auch modernen Ansprüchen genügt. Man will ein großes Freibad mit Terrassen und Autopark errichten. Das Freibad soll der gesamten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, was umsomehr begrüßt werden dürfte, als das Bad an der Elberitzmühle vor allem im Hochsommer nicht ausreicht.
23. September
Arbeitsdienst
Auf dem Gebiete der Arbeitsbeschaffung als auch des freiwilligen Arbeitsdienstes hat die Stadtverwaltung Planungen in Vorbereitung. Die Hindenburg- und die Leipziger Straße von der Kohltorbrücke bis zum Bahnübergang wird mit Asphalt belegt. An den Bürgersteigen werden Radfahrwege geschaffen. Falls das Arbeitsamt seine Genehmigung gibt, ist für den freiwilligen Arbeitsdienst seitens der Stadtverwaltung ein umfangreiches Programm aufgestellt; für die weiblichen Erwerbslosen wird eine Nähstube, und es werden Haushaltungskurse eingerichtet.
1. Oktober
Leipziger Abwässer / Freiwilliger Arbeitsdienst
Nach dem Vorbild der Rieselfeldgenossenschaft Delitzsch – Schenkenberg sollen auch die Leipziger Abwässer verwandt werden. Nachdem die Delitzscher Landwirtschaft sich bereit erklärt hat, die Leipziger Abwässer abzunehmen, hat die Landwirtschaftskammer Halle, der Landbund Halle und die Regierung zu Merseburg ihre Genehmigung dazu erteilt. Stadt und Kreis Delitzsch lassen durch den Freiwilligen Arbeitsdienst wichtige Arbeiten ausführen. Gegenwärtig wird im Gebiete der Rieselfeldgenossenschaft Delitzsch – Schenkenberg ein weiterer Fischteich angelegt, und es wurden hier umfangreiche Planierungsarbeiten und Dränagen ausgeführt. Projektiert sind weitere Arbeiten an Flußläufen und Straßen, so an der Mulde, am Schwarzbach, an der Straße zwischen Wellaune und Niederglaucha und an der Straße Halle – Reideburg – Queis – Wiedemar – Radefeld - Leipzig.
3. Oktober
Jubiläum Herm. Brendecke
Ein in der heutigen Zeit seltenes Jubiläum konnte der Schuhmachermeister Hermann Brendecke - Delitzsch, Eilenburger Straße, am Sonntag den 2. Oktober feiern. Seit 50 Jahren versieht er in ununterbrochener Tätigkeit das Ehrenamt des 1. Schriftführers im Turnverein Delitzsch von 1845 zur vollsten Zufriedenheit der Mitglieder bis in die heutige Zeit. Die Vereinsvorsitzenden, Lehrer Berger, Louis Schulze und dem verdienstvollen Turnführer Louis Hampe hat er Jahr für Jahr mit Rat und Tat zur Seite gestanden.
4. Oktober
Winterhilfswerk 1931/32
Gestern abend fand im Restaurant "Monopol" eine Sitzung des Organisationsausschusses des Winterhilfswerkes 1931-1932 statt, zu der auch die Führer des Rot-Kreuzhilfswerkes Frau Generaldirektor Aumüller und Drogeriebesitzer Sohrmann, eingeladen waren. Das Ergebnis war der Beschluß zur Bildung eines einheitlichen Winterhilfswerkes unter der Führung von Frau Aumüller.
6. Oktober
Bürgersteuer
Die Bürgersteuer ist vom 1. Januar 1933 ab neu geregelt worden. Sie beträgt 500 Prozent des einfachen Satzes. Der einfache Satz beträgt für Verheiratete wie für Ledige monatlich 0,50 Mark bis zu einem Jahreseinkommen von 4.500,- Mark.
11. Oktober
Kleingärten
Neue Kleingärten entstehen in einem großen Geländestück hinter dem israelitischen Friedhof links vom Weg nach Kertitz. Das von der Stadt hergegebene Gelände ist bereits mit einem Zaun umgeben. Die einzelnen Stücke sind verteilt.
15. Oktober
Wohnungsbau
Der Stadt Delitzsch ist vom Staat eine Summe von 25.000,- Mark für die Instandsetzung von Wohnungen und 1000,- M für die Teilung von Wohnungen und den Umbau sonstiger Räume zur Verfügung gestellt worden.
17. Oktober
Firma W. Heinrich 75 Jahre
Am Sonnabend den 15. Oktober waren 75 Jahre vergangen, seitdem sich die Bauklempnerei Heinrich, Ritterstraße, im Besitz der Familie befindet. Aus diesen Anlaß wurden dem jetzigen Inhaber der Firma, Klempnermeister Willi Heinrich, dem Enkel des Gründers, verschiedene Ehrungen, besonders von der Innung, zuteil.
20. Oktober
Dr. Laue
Heute vor 100 Jahren hat Sanitätsrat Dr. Rudolf Laue hier in Delitzsch das Licht der Welt erblickt. 36 Jahre lang hat er als Stadtverordneter und Stadtverordnetenvorsteher an der Entwicklung unserer Stadt mitgearbeitet und als Armen- und Krankenhausarzt gewirkt. Gleich seinem Onkel, dem großen Naturforscher Christian Gottfried Ehrenberg, wurde auch ihm um seiner Verdienste willen das Ehrenbürgerrecht der Stadt verliehen. Ihm zu Ehren hat man ferner den Weg vom Stadtpark nach Kertitz südlich des Lobers Dr. Laue-Weg genannt.
29. Oktober
Bahnhofsdiebstahl
In der Nacht vom 27. zum 28. Oktober gegen 11.30 Uhr wurde der Durchgangsgüterzug, der von Falkenberg nach Halle verkehrt, während des Aufenthalts auf dem Sorauer Güterbahnhof an der Zuckerfabrik beraubt. Die Täter offenbar 3 bis 4 Mann erbrachen einige Wagen des Zuges und warfen das Stückgut aus den Wagen heraus und zwar nach der Seite, an dem ein Feldweg an dem Bahnkörper entlang führt. Das Erbrechen der Wagen wurde erst nach der Abfahrt des Zuges bemerkt, infolgedessen konnte erst von Halle aus telefonisch die Station Delitzsch benachrichtigt werden. Als die Delitzscher Polizei auf dem Gelände erschien, war nichts mehr von den Dieben und ihrem Diebesgut zu entdecken. Gegen 2 ½ Uhr nachts erschien die Hallesche Bahnpolizei mit Polizeihunden. Diese umbellten einen Strohdiemen in der Nähe. Kaum hatten die Polizeihunde angeschlagen, als die Beamten von den Dieben unter Feuer genommen wurden. Das Feuer wurde erwidert, worauf die Täter auf ihren Fahrrädern flüchteten. Nur einer von ihnen, der einen Armschuß erhalten hatte, konnte festgenommen und der Delitzscher Polizei übergeben werden. Die Diebe hatten schon einen Teil ihres Diebesgutes in Sicherheit gebracht und waren nun zum zweitenmal gekommen, den Rest zu holen. So fand man in dem Versteck noch einen Teil der Beute. Der Festgenommene verweigert jegliche Aussage. Heute morgen wurden zwei weitere Täter der Diebesbande festgenommen.
1. November
Bahnhofsdiebstahl
Im Zusammenhang mit der Festnahme des Arbeiters Paul Winter, der in der Nacht zum 28. Oktober nach Ausführung einer Zugberaubung in Delitzsch angeschossen und festgenommen wurde, ist es dem Fahndungsdienst der Reichsbahndirektion Halle gemeinschaftlich mit der Landjägerei Holzweißig gelungen, eine siebenköpfige Eisenbahnräuberbande unschädlich zu machen. Sämtliche Mitglieder der Bande stammen aus Holzweißig. Bisher sind etwa 20 solcher Zugüberfälle aufgeklärt worden.
6. Dezember
Hindenburg- und Leipziger Straße
Die Sperrung der Hindenburg- und Leipziger Straße ist nun aufgehoben worden. Die Asphaltierung bezw. Neupflasterung ist beendet. Die neue Straße ist in einem vorbildlichen Zustand und ermöglicht ein sicheres Durchfahren unserer Stadt. Auch für den Radler ist die Benutzung der neuen Straßenzüge eine Freude. Der neu zu errichtende Radfahrweg wird von der Mädchenschule durch eiserne Ketten vom Bürgersteig getrennt. An der gefährlichen Ecke der Kohlstraße - Bismarckstraße ist anstelle der alten Schutzketten eine neue stabile Eisenumzäunung geschaffen worden.
16. Dezember
Oststraße
Die von der Beerendorfer Straße abzweigende neue Straße erhält den Namen "Oststraße".
20. Dezember
Göpel
Der seit März d. J. als Vertreter beschäftigte Polizeikommissar Göpel, der die Leitung der hiesigen Polizei unter sich hat, ist vom Magistrat gewählt und von Regierung als Leiter bestätigt worden.
1933
6. Januar
Kauerhoff
Das Disziplinarverfahren gegen den Magistratssekretär Kauerhoff, der wegen Verfehlungen vor einiger Zeit aus dem Amt entlassen worden war und dessen Strafverfahren von der Halleschen Strafkammer vorgestern auf Grund der Amnestie eingestellt wurde, ist bislang noch nicht beendet. Bis zum Abschluß des Verfahrens bleibt K. vorläufig vom Amt suspendiert. Es muß abgewartet werden, welchen Beschluß die Disziplinarkammer treffen wird.
10. Januar
Luftschutz-Vortrag
Am gestrigen Montag fand im Stadtverordnetensitzungssaal unter Leitung vom 1. Bürgermeister Böttcher der erste Luftschutzvortrag in Delitzsch statt. Die praktische Aufklärungsarbeit für den zivilen Luftschutz wird von dem Luftschutztrupp Ekkehard geleistet, der unter Leitung des Oberleutnants a.D. Roßbach steht. Roßbach hielt einen längeren Vortrag und zeigte die Wichtigkeit des zivilen Luftschutzes in gegenwärtiger Zeit. Der Luftschutztrupp Ekkehard halte am Mittwoch abend im Saal der Oberrealschule den ersten Kursusabend ab. Am Donnerstag folgt nachmittags bezw. abends der praktische Teil.
24. Januar
Stellwerkhaus
Das neue Stellwerkhaus Südende an der Beerendorfer Straße wird heute in Betrieb genommen. Das zweckmäßig eingerichtete Gebäude bietet einen stattlichen Anblick. Insbesondere kann die Straße gut beobachtet werden, was bei dem alten Stellwerkhaus nicht immer der Fall war.
25. Januar
Stadtverordnetenvorsteher
Die gestrige Stadtverordnetensitzung brachte insofern eine Überraschung als das Los bei der Entscheidung über die Wahl des Stadtverordnetenvorstehers dem Kommunisten Simon zufiel. Auch bei der Wahl seines Stellvertreters wandte sich das Los dem zweiten linientreuen Kommunisten Dubielzig zu.
28. Januar
Arbeitsbeschaffung
Der Magistrat hat in seiner Sitzung am 26.1.1933 einstimmig beschlossen, sich auch stadtseitig an dem Arbeits-Beschaffungs-Programm zu beteiligen. Es soll zu diesem Zweck aus den Reichsmitteln des Arbeitsbeschaffungsprogramms eine Anleihe von 100.000 Reichsmark aufgenommen werden. Dafür sollen folgende Arbeiten ausgeführt werden: Kanalisation der Gutenberg- und Fuststraße, Bau eines Haupt-Schmutzwasser-Kanals vom Großen Sandfang nach der Kläranlage, Bau eines Klärbeckens im Rosental und in der Halleschen Straße.
30. Januar
Adolf Hitler
Reichspräsident von Hindenburg hat heute Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt.
3. Februar
Kundgebung für Hitler
Wie auch an anderen Orten fand gestern abend in Delitzsch eine große Kundgebung für die nationale Regierung unter Leitung Adolf Hitlers statt. Die Kundgebung wurde von der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei veranstaltet. Stark beteiligt war aber auch der Stahlhelm. Gegen 19.00 Uhr trat man auf dem Schützenplatz zum Fackelzug an. Die Musik stellte die Kapelle Wächter. Nach dem Ummarsch durch die Stadt fand die weitere Kundgebung im Saal des Schützenhauses statt. Kreisleiter Kläning von der NSDAP eröffnete die Kundgebung mit kurzen energischen Worten. Als erster Redner sprach Landrat Meister. Später nahm der Untergauführer des Stahlhelms, Seidel – Werben das Wort. Nach dem Stahlhelmlied und eines packenden Gedichtsvortrages sprach der Führer der SS-Standarte 26. Zum Schluß wurde stehend das Deutschlandlied gesungen.
6. Februar
Gewerbeverein 75 Jahre
Der Gewerbeverein Delitzsch beging gestern im Saal des "Schwan" die Feier seines 75jährigen Bestehens. Der Vorsitzende Stadtrat Tauche gedachte in seiner Ansprache des Gründers des Gewerbevereins Hermann Schulze - Delitzsch und hob hervor, daß der Verein früher im Leben unserer Stadt eine große Rolle gespielt hat, sei doch durch ihn zum Beispiel die Gründung der gewerblichen Berufsschule erfolgt.
15. Februar
Stadtverordnete
Der Kommissar des Reiches für das preußische Innenministerium hat durch einen Runderlaß die Gemeindevertretungen also auch die Stadtverordnetenversammlungen aufgelöst. Die Mitglieder bleiben aber noch so lange im Amte, bis die Neuwahl erfolgt ist.
20. Februar
Neuwahl der Stadtverordneten
Am Sonnabend fand aus bürgerlichen Kreisen Besprechungen statt, zwecks Aufstellung von Listen zur Stadtverordneten-Neuwahl. Es ist nun damit zu rechnen, daß außer der nationalsozialistischen zwei weitere bürgerliche Listen aufgestellt werden, von denen die eine den Namen "Bürgerliche Mitte" tragen wird. Eine besondere Beamtenliste, wie wir sie im letzten Stadtparlament hatten, erscheint diesmal nicht. Auf Seiten der Linken dürften in der Stadt zwei Listen aufgestellt werden, eine kommunistische und eine sozialdemokratische Liste.
25. Februar
Kreisjugendpfleger
Rektor Hansjürgens ist auf seinen Wunsch von dem Amt des Kreisjugendpflegers entbunden worden. Er hat 11 Jahre lang dieses oft schwere Amt in segensreicher Tätigkeit verwaltet. Zum Nachfolger ist Rektor Herbert Förster in Zschortau bestellt worden.
28. Februar
Brand des Reichstagsgebäudes
Das Reichstagsgebäude in Berlin wurde gestern in der zehnten Abendstunde von einem riesigen Feuer heimgesucht, das in kurzer Zeit die prachtvolle Kuppel des Wallot-Baues, den Plenarsaal, die Tribüne und die Wandelhalle zerstörte. Soweit bisher einwandfrei feststeht, wurde das Feuer durch Brandstiftung verursacht. Einer der Täter, der angibt, der niederländischen kommunistischen Partei anzugehören, ist verhaftet worden.
28. Februar
Polizeimaßnahmen
Entsprechend den Anordnungen des Reichsministers und Reichskommissars für das preußische Innenministerium Goering sind auch in unserer Stadt Durchsuchungen bei Funktionären der KPD und SPD vorgenommen worden. Es wurden verschiedene Plakate und Flugblätter beschlagnahmt. Die gesamte kommunale Polizei ist analog den Anordnungen Goerings noch in der Nacht in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden. Ein besonderer Streifendienst zum Schutze der ordnungsliebenden Bevölkerung wurde eingerichtet.
2. März
Wahlvorschläge
Der Wahlausschuß für die Stadtverordneten-Wahl trat heute vormittag unter Vorsitz des 2. Bürgermeisters Dr. Baumgardt zusammen. Er prüfte die eingegangenen Wahlvorschläge. Fünf derartige Wahlvorschläge sind eingegangen, sie konnten sämtlich zugelassen werden. In nachstehender Reihenfolge wurden sie festgesetzt:
1. Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP)
2. Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
3. Kommunistische Partei Deutschlands (KPD)
4. Kampffront Schwarz-Weiß-Rot
5. Bürgerliche Mitte.
13. März
Heldengedenktag / Volkstrauertag
Am gestrigen Heldengedenktage erließ der Reichspräsident von Hindenburg zur Flaggenfrage folgende Kundgebung: "Am heutigen Tage, an dem in ganz Deutschland die alten schwarz-weiß-roten Fahnen zu Ehren unserer Gefallenen auf Halbmast wehen, bestimme ich, daß vom morgigen Tage ab bis zur entgültigen Regelung der Reichsfarben die schwarz-weiß-rote Fahne und die Hakenkreuzfahne gemeinsam zu hissen sind." Der heutige Volkstrauertag stand auch in Delitzsch unter dem Zeichen der schwarz-weiß-roten und der Hakenkreuzfahne. Um 11 Uhr sammelten sich die vaterländischen Verbände zu einem weihevollen Trauergottesdienst in der Kriegergedächtniskirche. Um 12 Uhr sammelten sich die SA, SS und der Stahlhelm zu einem gemeinsamen Kirchgang ebenfalls in der Kriegergedächtniskirche.
13. März
Stadtverordnetenwahl
Gestern fand auch die Neuwahl der Stadtverordneten statt. Es wurden gewählt
13 Nationalsozialisten
4 Sozialdemokraten
7 Kommunisten
3 Kampffront schwarz- weiß- rot
1 Bürgerliche Mitte
15. März
Oberrealschule
Bei der gestrigen Reifeprüfung an die hiesigen Oberrealschule haben alle achtzehn Prüflinge das Examen bestanden. Es sind dies die Oberprimaner Böhm, Bürger, Bruck, Bültemann, Ebelt, Johanna Fries, Gatzke, Giese, Hill, Jaritz, Koch, Lucas, Pscheidl, Randel, Rößler, Schraepler, Thebus und Lieselotte Ziebe.
20. März
Siegesfeier
Die nationalsozialistischen Formationen des Kreises Delitzsch veranstalteten gestern in Delitzsch eine Siegesfeier. Sie begann mit einem Appell am Schützenhof, an dem sich um 11 Uhr ein Dankgottesdienst in der Stadtkirche am Markt anschloß. Cand. theol. Schimpff, selbst Parteigenosse, hielt die Predigt. Nach dem Gottesdienst begaben sich die uniformierten Nationalsozialisten auf den Marktplatz zur Flaggenparade und mit mehreren Kapellen bewegte sich der lange Zug in den "Lindenhof", wo gemeinsam das Mittagessen eingenommen wurde. Den Höhepunkt der Siegesfeier stellte der große Umzug dar, der etwa zwei Stunden dauerte und fast alle Straßen unserer Stadt berührte. Nach dem Vorbeimarsch an den Führern traf gegen 4 Uhr der große Zug am Schützenhof ein. Kreisleiter Kläning eröffnete um ½ 5 Uhr die Kreistagung im Schützenhof und erteilte sofort das Wort dem Gaugeschäftsführer Thießler - Halle. Konzert und Deutscher Tanz beschloß die Feier.
21. März
Festakt in Potsdam
Aus Anlaß der Eröffnung des deutschen Reichstages fand gestern in der Garnisonkirche in Potsdam ein Festakt statt. Vor dem Akt fand Gottesdienst in der evangelischen Garnisonkirche und in der katholischen Kirche statt. Am evangelischen Gottesdienst nahm Reichspräsident von Hindenburg und die evangelischen Reichstagsabgeordneten teil. Generalsuperintendent Dr. Debelius hielt die Festpredigt. Um 11.20 Uhr war der Gottesdienst zu Ende und der Reichspräsident unternahm eine Rundfahrt durch die Stadt. Um 11.45 Uhr begann dann der eigentliche Festakt in der Garnisonkirche, der eröffnet wurde durch eine Ansprache des Reichspräsidenten. Der Reichskanzler Adolf Hitler gab darauf die Regierungserklärung ab. Der Tag von Potsdam gestaltete sich auch für unsere Stadt zu einem großen Erleben. Die Straßen prangten in einem Flaggenschmuck, wie man ihn in solcher Fülle hier wohl nie zuvor gesehen hatte. Am Abend bewegte sich dann ein imposanter Fackelzug vom Schützenhause aus durch die Straßen der Stadt, an dem alle nationalen Verbände, die Turn- und Sportvereine, aber auch die gesamte Schuljugend, von der Oberschule bis zur katholischen Volksschule teilnahmen.
24. März
Böttcher beurlaubt
Die hiesige nationalsozialistische Führung im Stadtparlament hat dem 1. Bürgermeister Böttcher nahe gelegt, in den Ruhestand zu gehen. Bürgermeister Böttcher hat daraufhin beim Regierungspräsidenten um einen Urlaub von 4 Wochen nachgesucht. Seine Vertretung übernimmt 2. Bürgermeister Dr. Baumgardt.
27. März
Magistratsmitgl. beurlaubt
Zweiter Bürgermeister Dr. Baumgardt hat in seiner Eigenschaft als stellvertretender Magistratsdirigent die Stadträte Hampe und Kotze mit sofortiger Wirkung von ihren Amtsgeschäften beurlaubt. Stadtrat Gebhardt hat sein Amt freiwillig niedergelegt. Dem 2. Bürgermeister Dr. Baumgardt ist von der NSDAP in der Person des Ortsgruppenführers Städter ein Verbindungsmann benannt worden.
29. März
Mordtat
Gestern wurde unsere Stadt der Schauplatz einer entsetzlichen Greueltat. Der 19jährige bei seinen Eltern in der Schulstraße wohnende Heinz Streibart lockte den 9jährigen Knaben Heinz Teresniak in seine elterliche Wohnung, ermordete ihn dort auf dem Heuboden und verging sich unsittlich an der Leiche. Heute morgen wurde die Untat aufgedeckt, der Mörder verhaftet und scharf ins Verhör genommen. Dabei stellte sich heraus, daß es sich hier um einen typischen Sexualverbrecher handelt, der früher schon in der Leichenhalle des Friedhofes Leichenschändung begangen hatte. Er wurde nach dem Untersuchungsgefängnis in Halle überführt.
1. April
75 Jahre Eisenbahn
Heute am 1. April 1933 ist es gerade 75 Jahre her, daß die Delitzscher Einwohner draußen vor dem Tore zum ersten Male einen Eisenbahnzug begrüßen konnten. Was hat sich in den 75 Jahren alles zugetragen? Die Strecke Leipzig-Bitterfeld-Berlin ist im Laufe der Zeit zu einer der wichtigsten mitteldeutschen Verbindungen geworden. Auch für Delitzsch hat sie entscheidenden Aufschwung gebracht.
8. April
Der Lehrerverein Delitzsch und Umg. wählte in seiner gestrigen Sitzung Lehrer K. Bartsch – Klein Wölkau, der auch langjähriges Mitglied der NSDAP ist, zum kommissarischen Leiter des Vereins. An Stelle von Lehrer Schwahn, der aus dem Kreislehrerrat ausschied, wurde Lehrer P. Scholz für den Kreislehrerrat bestimmt.
12. April
Einführung der Stadtverordneten
Am gestrigen Tage fand die Einführung und erste Sitzung der neugewählten Stadtverordneten statt. Das Rathaus hatte zum Zeichen des Tages Flaggenschmuck angelegt, und auch im Saale selbst prangten das altehrwürdige schwarz-weiß-rote und das neue Hakenkreuzbanner neben dem Schwarz-weiß der Fahne Preußens und dem blaugelben Wahrzeichen unserer eigenen Stadt. Von den Wänden grüßen die Bilder des Reichspräsidenten von Hindenburg und seines Volkskanzlers Adolf Hitler. Zweiter Bürgermeister Dr. Baumgardt ergriff zunächst das Wort zu längerer Ansprache. Sie klang aus in dem Gesang des ersten Verses des Deutschlandliedes. Als zweiter Redner sprach der Vertreter der Kampffront Pfarrer Siebert. Nachdem sodann Bürgermeister Dr. Baumgardt die Verpflichtung der Stadtverordneten durch Handschlag vorgenommen hatte, erfolgte unter dem Vorsitz des Alterspräsidenten Boßdorf (NSDAP) die Wahl des Stadtverordnetenvorstehers. Der von der NSDAP als einziger Kandidat in Vorschlag gebrachte Stadtverordnete Spangenberg wurde einstimmig durch Zuruf gewählt. Auf Antrag wurde sodann durch einstimmigen Beschluß dem Reichspräsidenten von Hindenburg sowie dem Reichskanzler Adolf Hitler das Ehrenbürgerrecht der Stadt Delitzsch verliehen.
22. April
Adolf Hitlers Geburtstag
Der gestrige Tag, der Geburtstag Adolf Hitlers wurde auch in unserer Stadt in würdiger Weise begangen. Mit einem großen Wecken begann der Tag. Am Nachmittag wurde auf dem Adolf Hitlerplatz hinter dem Denkmal unseres großen Bürgers Hermann Schulze-Delitzsch von der Kreisleitung der NSDAP eine Hitler-Eiche gepflanzt. Im Anschluß fand ein großer Umzug und am Abend im Schützenhof eine Abendfeier (statt d.A.). Nach einigen Konzertstücken begrüßte der Ortsgruppenleiter Städter die Anwesenden. Sodann hielt cand. theol. Schimpff die Festrede.
2. Mai
Der 1. Mai
Der gestrige 1. Mai war ein Festtag für jeden Deutschen und wurde auch in Delitzsch entsprechend begangen. Die Häuser der Stadt waren überaus festlich geschmückt. Um 6 Uhr morgens läuteten die Glocken der Kirchen den feierlichen Tag ein. Bald darauf eilten Angestellte und Arbeiter zu ihren Betrieben. Um 7 Uhr gingen auf den Betrieben die Hakenkreuzfahnen hoch. Nun zogen die einzelnen Betriebe geschlossen auf den Marktplatz und hier lauschte alles den Worten des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda Dr. Goebbels, die er durch den Rundfunk an die Jugend richtete. Nachdem die Sängervereinigung einige Lieder vorgetragen hatte, begab man sich zum Festgottesdienst in die Kirche. Pfarrer Siebert hielt die Predigt. Nach dem Gottesdienst sammelten die Massen von neuem zum eigentlichen Festumzug, der durch alle wichtigen Straßen von Delitzsch führte und schließlich auf dem Schützenhofplatz endete. Die Nachmittagsstunden waren der allgemeinen Erholung undAusspannung vorbehalten. Um 18 Uhr wurde die Übertragung des großen Staatsaktes auf dem Tempelhofer Feld angehört. Abends fand eine Illumination der Häuser in der Stadt statt. In den verschiedensten Lokalen wurde dem deutschen Tanz gehuldigt.
11. Mai
Schwahn
Lehrer Schwahn, der frühere bekannte sozialdemokratische Stadtverordnete, der kürzlich aus der SPD ausgetreten ist, ist beurlaubt worden.
20. Mai
NS Lehrerbund
Der Kommissar zur Überleitung der Lehrervereine in den NSLB, Kreisobmann Lehrer Wolff - Krippehna hat Lehrer Sehmisch, hier, zum Bezirksobmann des Nationalistischen Lehrerbundes, Bezirk Delitzsch, ernannt.
31. Mai
Böttcher in Ruhestand
Auf Antrag der NSDAP beschlossen die Stadtverordneten das Dienstverfahren gegen den 1. Bürgermeister Böttcher zwecks Versetzung in den Ruhestand zu beantragen.
12. Juni
Nobbe
Der Sparkassendirektor Nobbe, der vor einiger Zeit wegen unregelmäßiger Kassenführung der Stadtsparkasse in Haft genommen wurde, ist in diesen Tagen wieder aus der Haft entlassen worden. Die Ermittlungen werden jedoch weiter geführt.
15. Juni
Neue Straßenamen
Folgende Straßen und Plätze sind umbenannt worden: der Marienplatz heißt jetzt Adolf Hitler Platz, der Nordplatz Horst Wessel Platz, die Dübener Straße bis zum Bahnübergang Hermann Göring Straße. Ferner ist auf Vorschlag des Museumsvereins der Verbindungsweg zwischen dem Schulze-Delitzsch-Ring und dem Rosenthal, dessen Bebauung jetzt begonnen ist, in "Oskar Reime Straße" umbenannt.
19. Juni
Ehrenbürgerbriefe
Die Ehrenbürger Briefe mit Mappe für den Herrn Reichspräsidenten und den Herrn Reichskanzler Hitler sind von dem Kunstmaler, Herrn Matthäi - Eilenburg fertiggestellt und werden 8 Tage im Schaufenster der Buchhandlung Pabst, Breite Straße, ausgestellt.
24. Juni
Mittelschule 75 Jahre
Unsere Delitzscher Mittelschule beging gestern den Tag ihres 75jährigen Bestehens. Zu diesem Zwecke versammelten sich gestern im "Schützenhaus" eine festlich gestimmte Schar von Ehrengästen, Freunden und Eltern, um mit der Mittelschule dieses Fest zu begehen. Rektor der Mittelschule, Karl Miethlich, begrüßte die zahlreichen Gäste und gab einen Überblick über die Entwicklung der Mittelschule. Der Reorganisator der Schule war im Jahr 1858 Bürgermeister Hagedorn. Es sprach dann Bürgermeister Dr. Baumgardt und überbrachte die Segenswünsche der Stadt. Für das ehemalige Lehrerkollegium überbrachte die besten Wünsche Dr. Berg, für die Staatsregierung Schulrat Sehmisch, für die Oberrealschule Direktor Dr. Letz, als Vertreter der Elternschaft Kaufmann Oppel, für die ehemaligen Schülerinnen Frau Herold, für die Knabenvolksschule Lehrer Bindernagel, für die Mädchenvolksschule Rektor Schiedt.
29. Juni
NSLB Bez. Delitzsch
Am Mittwoch den 28. Juni fand im Saale des "Goldenen Adler" in Delitzsch die erste Arbeitssitzung der neugegründeten Bezirksgruppe Delitzsch statt, die vom Bezirksobmann Lehrer Sehmisch geleitet wurde. Kreisobmann Wolf ernannte dann noch den Vorstand Kassenwart Lehrer Wittkowski und Schriftwart Lehrer G. Schmidt.
1. Juli
75 Jahre Kreissparkasse
Die Kreissparkasse in Delitzsch besteht heute 75 Jahre. Das "Delitzscher Kreisblatt" vom 30. Juni 1858, dessen Redakteur damals der Delitzscher Bürgermeister Hagedorn war, enthält auf der ersten Seite folgende Bekanntmachung: "Das unterzeichnete Kuratorium bringt hiermit zur öffentlichen Kenntniß, daß die Kreis-Spar-Kasse am 1. Juli d. J. in dem Hause des Herrn Magistrats-Assessors Pabst hierselbst, Breite Straße Nr. 177, parterre, eröffnet werden wird. Zum Rendanten der Sparkasse ist der Sekretär Walter hierselbst ernannt worden.
Delitzsch, den 22. Juni 1858
Das Kuratorium der Sparkasse des Kreises Delitzsch
von Rauchhaupt, von Funcke, Karthauß, Freyberg.
Heute am 1. Juli 1933, 75 Jahre nach der Gründung, fanden sich heute vormittag 10 Uhr im Kassenraum der Kreissparkasse die Vertreter der Geldinstitute unserer Stadt und des Kreises, das Sparkassenkuratorium und der Kreisausschuß zu einer schlichten Feier zusammen. Landrat Meister gab einen Rückblick auf die vergangenen 75 Jahre und einen Ausblick auf die Zukunft.
1. Juli
Stadtverordnetenbeschluß
Die gestrige Stadtverordnetenversammlung war ganz kurz und beschäftigte sich vorherrschend mit Sparmaßnahmen in der Stadtverwaltung. Die Stadt hat in Zukunft nur einen Bürgermeister. Der 1. Bürgermeister Böttcher wird auf Grund der neuen gesetzlichen Bestimmungen pensioniert. Allerdings ist beabsichtigt, eine besoldete Stadtratsstelle einzurichten, die ein Oberinspektor verwalten soll und einen Tiefbau-Techniker im Bauamt anzustellen.
11. Juli
Deutsche Christen
Die Glaubensbewegung "Deutsche Christen" hatte am Montag abend eine sehr zahlreiche Zuhörerschaft in den "Schützenhof" gerufen, die sich mit den Zielen und Aufgaben der Glaubensbewegung bekannt machen wollte. Es sprach cand. theol. Schimpff - Delitzsch und Rektor Cimutta sowie Pfarrer Hohlwein - Eilenburg.
13. Juli
Marienfriedhof
Auf dem Marienfriedhof ist in den letzten Wochen fleißig an den gärtnerischen Anlagen gearbeitet worden. Die Ausgestaltung der Anlagen soll unter pietätvoller Erhaltung der alten Grabstätten geschehen.
15. Juli
Deutscher Gruß!
Der Reichsminister Dr. Frick hat folgendes Rundschreiben an die obersten Reichsbehörden und die Landesregierungen gerichtet. "Es ist allgemein Übung geworden, beim Singen des Liedes der Deutschen und des Horst-Wessel-Liedes (erste Strophe und Wiederholung der ersten Strophe) am Schluß den Hitler-Gruß zu erweisen ohne Rücksicht darauf, ob der Grüßende Mitglied der NSDAP ist oder nicht. Wer nicht in den Verdacht kommen will, sich bewußt ablehnend zu verhalten, wird daher den Hitler-Gruß erweisen. Nach Niederkämpfung des Parteistaates ist der Hitler-Gruß zum Deutschen Gruß geworden. Dazu wird noch bestimmt von der Beamtenschaft:
1. Sämtliche Beamte, Angestellte und Arbeiter von Behörden grüßen in Dienst und innerhalb der dienstlichen Gebäude und Anlagen durch Erheben des rechten Armes.
2. Beamte in Uniform grüßen in militärischer Form; wenn sie keine Kopfbedeckung tragen, grüßen sie durch Erheben des rechten Armes.
3. Es wird von den Beamten erwartet, daß sie auch außerhalb des Dienstes in gleicher Weise grüßen.
20. Juli
Gleichschaltung
Es setzt nun mehr ein in deutschen Landen bisher noch nie erlebtes und fast unerhört zu nennendes Gleichschaltungswerk ein. Die politischen Parteien, die Gewerkschaften, Vaterlandsverbände, Militärvereine, Innungen, Sportvereine, Lehrervereine u.a., natürlich auch die hiesige Freiwillige Feuerwehr, deren Führer schon seit 1925 Schlossermeister Hermann Mietzsch ist, alles wird gleichgeschaltet und der Hitlerbewegung eingereiht, auch die Kulturverbände, Schriftsteller-, Bühnenkünstler- und sogar auf kirchlichen Gebiete finden Einheitsbestrebungen statt. So bildet sich die Vereinigung der "Deutschen Christen", der sich allerdings innerhalb der evangelischen Kirche der "Notbund" entgegenstellt.
23. Juli
Kirchenwahlen
Die für heute angesetzten Kirchenwahlen werden durch Aufstellung einer Einheitsliste überflüssig. Darnach bilden nunmehr den Gemeindekirchenrat 8 Vertreter der Glaubensbewegung "Deutsche Christen" und 4 Vertreter aus dem bisherigen Gemeindekirchenrat.
7. August
Arbeitsfront
Alle arbeitenden Menschen, Arbeiter, Angestellte, Unternehmer etc. sind zu einer über das ganze Reich erstreckenden Vereinigung "Der Arbeitsfront" zusammengefaßt worden. Gestern am 6. August veranstaltete die Arbeitsfront in Delitzsch eine große Kundgebung mit Umzug und Aufmarsch auf dem Markt. Hier fand die Weihe von 11 Betriebszellenfahnen der NSBO durch Pg. Bachmann - Halle statt.
18. August
NSKK
Am gestrigen Abend fand im "Schützenhaus" ein Werbeabend des Nationalsozialistischen Kraftfahrer-Korps (NSKK) statt. Auf dem weiten Schützenhausplatz waren die Staffeln der Autos und Motorräder aufgefahren, säuberlich in Reih und Glied ausgerichtet, von denen die Wimpel der nationalsozialistischen Revolution flatterten. Motorsturmführer Schmidt begrüßte die Erschienenen. Pg. Klepp gab die Aufgaben und Ziele der NSKK bekannt. Als Ergebnis wurde die Ortsgruppe Delitzsch Stadt gegründet und Pg. Schilling als Korpswart bestimmt.
19. August
Reimann
Direktor Reimann von der hiesigen Ortskrankenkasse ist fristlos entlassen worden. Die Entlassung erfolgte auf Grund verschiedener Mängel, die sich aus Anlaß einer Revision ergeben haben.
21. August
Kreistagung NSLB
Am Sonnabend und Sonntag stand unsere Stadt im Zeichen der großen Kreistagung des nationalsozialistischen Lehrerbundes. Etwa 1000 Erzieher aus allen Orten des Kreises hatten dem Ruf der Veranstalter Folge geleistet. Kreisobmann Wolff - Krippehna eröffnete die Tagung. Schulrat Mertens - Berlin hält einen Vortrag über "Der Deutsche Lehrer als Bannerträger des Nationalsozialismus". Der Abend vereinte die Tagungsteilnehmer zu einem großen Begrüßungsabend im Schützenhaus. Hier sprachen Bürgermeister Dr. Baumgardt, Pfarrer Suckert, Landrat Meister, Pg. Schimpff, Rektor Cimutta. Am Sonntag nachmittag 2 Uhr sammelten sich dann die Teilnehmer wieder auf dem Schützenplatz. Im Zuge ging es zum Markt, wo der feierliche Akt der Fahnenweihe durch den Lehrer Gauobmann Wege - Halle statt fand. Nach diesem Festakt setzte sich der Zug wieder in Bewegung, und es ging durch die Straßen der Stadt nach dem Schützenhofplatze, wo die Auflösung erfolgte.
23. August
Berger
Direktor Berger von der Landkrankenkasse ist wegen vorgefundener Unregelmäßigkeiten seiner Kasse am Montag beurlaubt worden. Am gestrigen Dienstag wurde er in der Nähe von Kölsa tot aufgefunden. Er hatte sich mit seinem Jagdgewehr erschossen.
25. August
Engeleiter
Magistratsekretär Engeleiter ist wegen grober Verfehlungen im Amt von seinen Dienstgeschäften suspendiert worden. Es ist gegen ihn das förmliche Dienststrafverfahren eingeleitet worden.
4. September
75 Jahre Oberrealschule
Sonnabend den 2. und Sonntag den 3. September beging unsere Oberrealschule die Feier des 75jährigen Bestehens. Es hatten sich zu dieser Feier viele frühere Schüler und Schülerinnen der Anstalt hier eingefunden. Im Schützenhof begrüßt Dr. Freyberg die erschienenen Gäste. Die Festrede hielt Studienrat Dr. Müller; es sprach dann noch der frühere Direktor der Anstalt D. Dr. Wahle. Im Mittelpunkt der Jubelfeier am Sonntag stand der feierliche Festakt in der Stadtkirche. In geschlossenen Zügen bewegten sich bald nach 9 Uhr die Festteilnehmer von der Oberrealschule zur Stadtkirche. Pfarrer Siebert hielt die Liturgie. Ein ehemaliger Schüler, Pfarrer Scholl - Schoneck die Festpredigt. Im Anschluß an den Gottesdienst fand eine Gefallenenehrung statt, wo Pfarrer Winkler - Klepzig, auch ein früherer Schüler tiefempfundene Worte fand. Es sprachen dann noch Studiendirektor Dr. Letz, Direktor der Anstalt, Pfarrer Siebert für die Elternschaft, Bürgermeister Dr. Baumgardt für die Stadt, Landrat Meister für den Kreis, Superintendent Fries für die Kirche u.a. Am Nachmittag fand dann im Schützenhofsaal eine Festaufführung der Oberrealschule statt. Ein Ball beschloß am Abend die Festtage.
5. September
Böttcher
Erster Bürgermeister Böttcher wird auf Antrag vom Magistrat und Stadtverordneten in den Ruhestand versetzt.
30. September
Heese
Anläßlich des gestrigen Semesterabschlusses der Oberrealschule fand die feierliche Verabschiedung des langjährigen Hausmeisters Heese statt, der mit dem 1. Oktober in Pension geht.
2. Oktober
Erntedankfest
Am gestrigen Erntedankfest fand wieder ein großer Umzug mit vielen Festwagen durch die Straßen der Stadt statt.
7. Oktober
Franz Seldte Siedlung
Bürgermeister Dr. Baumgardt hat im Einvernehmen mit dem Magistrat der neuen Siedlung am Elektrizitätswerk den Namen "Franz Seldte Siedlung" verliehen. Damit soll der Gründer des Stahlhelm geehrt werden, der in seiner Eigenschaft als Arbeitsminister mit den Gesamtplänen der Deutschen Siedlung auf das engste befaßt ist.
9. Oktober
25 Jahre Reichsbahnausbesserungswerk
Am Sonnabend d. 7. d. Mts. fand im Schützenhofsaale die 25-Jahrfeier des hiesigen Reichsbahn-Ausbesserungs–Werkes statt, an der Vertreter der Werkstätten-Inspektion Dresden, sowie Vertreter der benachbarten Ausbesserungswerke Leipzig, Halle und Dessau teilnahmen. Verbunden war diese Feier des 25jährigen Bestehens mit einer Ehrung für den vor zwei Monaten an das größte Werk der Reichsbahn nach Hannover versetzten Werkdirektors Oberbaurat Wegener.
16. Oktober
Streibart
Das Schwurgericht in Halle verurteilte am Sonnabend den Heinz Streibart wegen Mordes an dem kleinen Heinz Teresniak zum Tode unter Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit.
16. Oktober
Nobbe
Stadtbankdirektor Nobbe wurde von der 3. Strafkammer des Landgerichts Halle wegen fortgesetzter gewinnsüchtiger Untreue zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt. Er hat die Stadt um über eine halbe Million geschädigt.
24. Oktober
Landkrankenkasse
Die Landkrankenkasse hat ihre Geschäftsräume in das Gebäude der Allgemeinen Ortskrankenkasse, Freiherr von Stein-Straße verlegt.
27. Oktober
Eintopf
Die Gauführung des Winterhilfswerks führt das Eintopfgericht ein. Jeder Haushalt hat einen Sonntag im Monat, er wird für alle immer bestimmt, Eintopf. Die Einsparung wird stets dem Winterhilfswerk zugeführt. Sammler holen die Spende.
28. Oktober
Ed. Pönicke
Im Alter von 83 Jahren verschied heute früh der Baumschulenbesitzer Eduard Pönicke. Er ist der Gründer des weit über Delitzschs Grenzen hinaus bekannten Baumschulenbetriebes Ed. Pönicke u. Co.m.b.H., Leipziger Straße, hierselbst.
1. November
Engeleiter
Der wegen Untreue im Amt entlassene und hier in Untersuchungshaft befindliche Magistratssekretär Engelleiter wurde heute aus dem Amtsgerichtsgefängnis Delitzsch in das Untersuchungsgefängnis Halle überführt.
17. November
Moorbad
Unsere Warmbadeanstalt im Viktoriabad ist in ein Eisen-Moorbad umgestaltet worden. Moorerde für das Moorbad ist ausreichend vorhanden, und die Verabreichung von Moorbädern ist bereits seit September im vollen Gange. Gegenwärtig wird noch das Bad im Innern ausgestaltet, und im Frühjahr wird noch ein schmucker Park vorhanden sein. Die Delitzscher Moorerde ist nicht nur ein ausgezeichnetes Mittel gegen Rheuma, Gicht oder Ischias, sondern auch bei Frauenleiden, und sogar bei spinaler Kinderlähmung sind hervorragende Erfolge erziehlt worden.
20. November
Luthertag / 75 Jahre Berufsschule
Zur Erinnerung an den 450jährigen Geburtstag Dr. Martin Luthers am 10. November 1483 wurde der 19. November als Luthertag bestimmt und die Erinnerungsfeiern an diesem Tage abgehalten. In Delitzsch wurde der Tag in folgender Weise begangen: Um 7 Uhr morgens Glockenläuten, von 8 bis 8.30 Jugendgottesdienst in der Gedächtniskirche, um 10 Uhr Festgottesdienst in der Stadtkirche. Um 11.15 Uhr wurde auf dem Marktplatz eine Kundgebung abgehalten; um 11.30 Uhr wurde vom Breiten Turm die Schwedensignale geblasen. Die Lutherfestfeier fand dann abends 20 Uhr im Schützenhause mit der Festaufführung "Der Tag von Worms" von Gumbel statt. Am gestrigen 19. November beging die hiesige Berufsschule die Feier ihres 75jährigen Bestehens. Sie war als Fortbildungsschule 1858 durch Rektor Giesel begründet worden, 1907 wurde sie Pflichtschule. Weitere Leiter waren Rektor Wiener, Rektor Pasch, Gewerbeoberlehrer Scharruhn, Rektor Hansjürgens. Seit 1930 wirkt hier Gewerbeoberlehrer Wendenburg. Die 75Jahrfeier wurde durch einen Festakt im Schützenhause begangen.
25. November
Kläning
Kreisleiter Kläning - Delitzsch ist von Staatsrat Jordan – Halle in gleicher Eigenschaft nach Torgau versetzt worden.
28. November
75 Jahre kath. Kirchengemeinde
Unter den Jubilaren von Delitzsch, die in diesem Jahre auf ein 75jähriges Bestehen zurückblicken können, erscheint auch die hiesige katholische Kirchengemeinde. Sie wurde 1858 gegründet und umfaßte anfangs die beiden Kreise Delitzsch und Bitterfeld. Am 1. April 1908 wurde der Kreis Bitterfeld von Delitzsch abgetrennt und zu einer selbständigen Pfarrei erhoben. Die Muttergemeinde umfaßt heute zwei Städte, Delitzsch und Landsberg und 94 Dörfer und zählt 1120 Seelen. Als Pfarrer haben in der katholischen Gemeinde Delitzsch gewirkt: Friedrich Schröder von 1858 – 1860, Wolph Baeseler von 1860 bis 1892, Johannes Bitter von 1892 – 1896, Friedrich Helle von 1896 – 1904, Joseph Stahl von 1904 – 1908, von 1908 bis heute der jetzige Pfarrer.
12. Dezember
Reulecke
Unser Heimatschriftsteller August Reulecke feierte am gestrigen 11. Dezember seinen 70. Geburtstag. Aus diesem Anlaß ist ihm ein in herzlichen Worten gehaltenes Glückwunschschreiben durch den Magistrat zugegangen. Weiterhin haben die städtischen Körperschaften sich entschlossen, dem um die Heimatgeschichte verdienten Manne eine finanzielle Beihilfe in Form eines Ehrengeldes zu gewähren.
13. Dezember
2 Dankschreiben
Als Dank für die Verleihung des Ehrenbürgerrechts der Stadt Delitzsch sind nun je ein Schreiben des Herrn Reichspräsidenten und des Herrn Reichskanzlers beim Magistrat eingegangen. Das Schreiben des Herrn Reichspräsidenten von Hindenburg, datiert aus Neudeck hat folgenden Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Für die Ehrung, die mir die städtischen Körperschaften der Stadt Delitzsch durch die Verleihung des Ehrenbürgerrechts erwiesen haben und für die Übersendung des kunstvollen Ehrenbürgerbriefes spreche ich meinen aufrichtigen Dank aus. Ich nehme die Ehrung gern an und sende Ihnen und meinen neuen Mitbürgern meine herzlichen Grüße und meine besten Wünsche für die Zukunft von Delitzsch.
von Hindenburg.
Das von Reichskanzler Adolf Hitler persönlich unterschriebene Schreiben, datiert aus Berlin, lautet folgendermaßen: "Die Verleihung des Ehrenbürgerrechts von Delitzsch erfüllt mich mit aufrichtiger Freude. Ich nehme die Ehrenbürgerschaft an und bitte, dem Magistrat und der Stadtverordnetenversammlung meinen ergebensten Dank sowie meine besten Glückwünsche für das Blühen und Gedeihen von Delitzsch aussprechen zu dürfen.
Mit deutschen Gruß!
Adolf Hitler."
14. Dezember
Ehemalige Delitzscher
Der Begründer der "Ehemaligen Delitzscher", Herzoglicher Chordirektor i.R. Adalbert Schönlein, ist am 11. Dezember im 78. Lebensjahr nach kurzem Leiden in Dessau verstorben. Er war ein Schüler des 1. Jahrgangs 1873/76 unseres Seminars. Nach Auflösung des Seminars war die alljährliche Wiedersehensfeier um die Pfingstzeit herum von ihm veranlaßt eine ständige Einrichtung geworden. Außerdem aber blieben die Seminarbrüder der ersten drei Jahrgänge innerhalb des Jahres noch durch zwei Rundschreiben in inniger Fühlung miteinander, die vom Begründer ausgingen und zu ihm wieder zurückkehrten. Sein Tod reißt eine große Lücke in die Vereinigung.
20. Dezember
Weihnachtsbaum
Auch in diesem Jahre ist auf dem Marktplatz wieder ein Weihnachtsbaum aufgestellt. Das Winterhilfswerk bittet nun alle Volksgenossen am Freitag, dem 22. Dezember, ab abends 17 Uhr auf den Gabentisch unter diesen Weihnachtsbaum kleine Gaben niederzulegen, die dann am heiligen Abend den ärmsten Delitzscher Volksgenossen ins Haus gebracht werden sollen. Der Bund deutscher Mädel wird am Freitag Weihnachtslieder singen.
22. Dezember
Eine historische Tafel
Der Baum im Auguste Viktoria Ring in der Nähe des Moorbades, an dem die historische Tafel hing, welche uns davon erzählte, daß Delitzsch dermaleinst Garnison gewesen ist, mußte fallen. Der Baum war im Inneren längst morsch und hohl, und es bestand die Gefahr, daß Sturm und Wetter die alte Linde brechen und Unheil anrichten könnte. Die historische Tafel aber wird an einem anderen Baum des Auguste Viktoria Rings ihren Ehrenplatz finden.
23. Dezember
Generaldirektor Böhme
Bürgermeister Dr. Baumgardt hat im Einvernehmen mit den Mitgliedern des Magistrats die bisherige Lindenstraße in "Albert Böhme-Straße" umbenannt. Damit wird die Ehrung eines Mannes bezweckt, der unermüdlich und von äußeren wie inneren Fährnissen unberührt, aus kleinsten Anfängen heraus die Böhme A.G. zu dem heutigen großen Werke ausgestaltet hat. In dankbarer Anerkennung dieser dadurch geschehenen Förderung der heimischen Wirtschaft ist die Stadtgemeinde der Meinung, daß gerade die Arbeit eines solchen Mannes der jungen Generation Ansporn zu sein vermag. Um auch öffentlich zu bekunden, daß das Wohl der Allgemeinheit eng verbunden ist mit der Tätigkeit erfolgreicher Pioniere ihres Berufs, ist die Benennung der Straße erfolgt. Nach geschehenen Beschluß begab sich der Magistrat zur Böhme A.G. um Herrn Generaldirektor Böhme von der Ehrung Mitteilung zu machen.
23. Dezember
Straßenbenennung
Im Laufe des Jahres wurden folgende Straßennamen abgeändert: Marienplatz in "Adolf Hitlerplatz", Am Stadtpark in "Tannenbergstraße", Rathenaupromenade in "Kaiser Wilhelm-Ring" bzw. "Auguste Viktoria-Ring", Schloßpromenade in "Schulze-Delitzsch-Ring", Dübener Straße in "Hermann Göringstraße", Dübener Vorstadt in "Dübener Straße", Gartenstraße in "Richard Wagnerstraße", Schulze-Delitzsch Straße in "Langemarckstraße", Nordstraße in "Schlageterstraße", Nordplatz in "Horst Wessel-Platz"; Ferner wurde die neue, vom Schulze Delitzsch Ring nach dem Rosenthal führenden Straße "Oskar Reime Straße" genannt.
24. Dezember
Viktoriabad
Generaldirektor Albert Böhme hat zur Einrichtung von Parkanlagen an der Badeanstalt mehrere tausend Mark gespendet. Der neue Pächter Willy Fuchs hat die Badeanstalt bereits übernommen. Sie führt den Namen "Viktoriabad". Die Einweihung zu einem Eisen-Moorbad ist bereits erfolgt. In der Umgebung des Lobers und auch an anderen Stellen wurde reichhaltige Moorablagerung gefunden.
1934
9. Januar
Gewerbeverein
Einer der ältesten Vereine unserer Stadt, der Gewerbeverein Delitzsch, der nun bereits auf eine 75jährige Geschichte zurückblicken kann, schloß mit seiner gestrigen Versammlung diese nunmehr ab und löste sich gemäß Anordnung des Reichstandes des Handwerks auf. In der Blütezeit des Gewerbevereins gehörten ihm Männer an, die weit über die Grenzen unserer damals noch kleinen Stadt bekannt waren. So liest man in den ersten Protokollen Namen wie Landrat von Rauchhaupt, Hermann Schulze-Delitzsch und vieler anderer um die Entwicklung unserer Stadt verdienten Persönlichkeiten. Die für gestern einberufene Versammlung unter Vorsitz von Stadtrat a.D. Tauche beschloß also die Auflösung des Vereins.
25. Januar
Engeleiter
Die 3. Strafkammer des Landgerichts Halle verurteilte gestern den Magistratssekretär Gustav Engeleiter wegen Amtsunterschlagung in einem Fall, Urkundenbeseitigung und Betruges zu einer Gesamtstrafe von 2 Jahren Zuchthaus, 500 RM Geldstrafe und Verlust des bürgerlichen Ehrenrecht auf die Dauer von zwei Jahren.
30. Januar
Festtag
Heute vor einem Jahr wurden Adolf Hitler vom Reichspräsidenten von Hindenburg die Staatsgeschäfte als Reichskanzler übergeben. Aus Anlaß dieses Tages fanden auch in Delitzsch Gedenkfeiern statt. Einem Fahnenmeer glichen die Hauptstraßen der Stadt. In den Schulen wurden besondere Feiern abgehalten. Es war dann schulfrei. Am Abend fand ein Festgottesdienst statt, an dem alle nationalen Verbände teilnahmen. Superintendent Fries gestaltete den Dankgottesdienst zu einer erhebenden Feierstunde.
31. Januar
Göpel
Der Herr Preußischer Minister des Innern hat durch Erlaß vom 20. Januar 1934 gemäß § 4 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 den Polizeikommissar Göpel in Delitzsch mit sofortiger Wirkung aus dem Dienst entlassen. Polizeimeister Tuschling wird mit Führung der Polizeigeschäfte betraut.
6. Februar
Bürgerverein
Der Bürgerverein hat gestern abend in einer Versammlung beschlossen, den seit 91 Jahren bestehenden geselligen Verein, dessen Mitglied mancher angesehene Einwohner unserer Stadt war, aufzulösen und das Vermögen des Vereins dem WHW zu vermachen. Die Auflösung liegt ganz in der Linie des nationalsozialistischen Programms zur Schaffung einer wahren Volksgemeinschaft.
9. Februar
Böttcher
Der preußische Minister des Innern hat durch Erlaß vom 26. Januar 1934 den Ersten Bürgermeister Karl Böttcher in Delitzsch gemäß § 6 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums entgültig in den Ruhestand versetzt.
12. Februar
Kraft durch Freude
In Delitzsch hat sich vor einiger Zeit eine Ortsgruppe "Kraft durch Freude" gebildet. Sie soll ihren Mitgliedern für wenig Geld eine Erholungsreise verschaffen. Nun ist auch eine Kreisgruppe gebildet worden. Zum Kreiswart für die NS Volksgemeinschaft Kraft durch Freude im Kreis Delitzsch ist Pg. Thiemicke- Eilenburg bestellt worden. Der erste Urlauberzug des Gaues Halle- Merseburg wird in der Nacht zum 18. Februar von Halle aus fahren, das Ziel ist vorläufig noch unbekannt. Die Stadt Delitzsch stellt zu der ersten Fahrt neun Teilnehmer. Die Fahrt ist freiwillig. In den einzelnen Betrieben wird die Teilnahme durch eine Sammlung unter den Kollegen möglich gemacht.
13. Februar
Neues Stadtparlament
Seit dem 1. Januar haben in Preußen die Stadtverordnetenversammlungen aufgehört zu bestehen. Auch in der Kommunalpolitik ist jetzt das Führerprinzip durchgeführt, d.h. die letzte Entscheidung fällt der Bürgermeister. Der Magistrat existiert ebenfalls nicht mehr. Als beratendes Organ steht dem Bürgermeister der Gemeinderat zur Seite. Er tagt im Gegensatz zu den früheren Stadtverordnetenversammlungen nicht öffentlich und setzt sich aus den bisherigen Stadtverordneten und dem rangältesten Führer der SA oder SS und dem obersten örtlichen Führer der PO und der NSDAP zusammen. Zu den früheren Stadtverordneten tritt demnach SA Standartenführer Dr. von Saal.
14. Februar
Gemeinderat
Gestern tagten die Ratsherren im Rathaus zum ersten Mal. Der neue Gemeinderat wird in seiner entgültigen Zusammenfassung erst nach dem 1. April tagen. Die Beigeordneten werden dann vom Regierungspräsidenten nach Anhörung des Gauleiters berufen. Bis dahin setzt sich der Gemeinderat aus den bisherigen Stadtverordneten zusammen, zu denen in Delitzsch, da der örtliche Führer der PO, Ortsgruppenleiter Städter, schon Mitglied der Stadtverordnetenversammlung war, neu nur Standartenführer Dr. von Saal tritt. Der Rathaussaal war mit den Fahnen des neuen Reiches festlich geschmückt. Die Sitzung selbst wurde eröffnet mit einer umfassenden Rede des Bürgermeisters Dr. Baumgardt. Es sprachen dann der frühere Stadtverordnetenvorsteher Spangenberg und Ortsgruppenleiter Städter.
17. Februar
Supterintendent Fries
Dem Superintendent Fries - Delitzsch, der wie andere Superintendenten unserer Provinz, Mitglied des "Pfarrernotbundes" ist und am 14. Januar entgegen der Verordnung vom 4.1.1934 der Gemeinde einige Worte über die "Not der evangelischen Kirche" gesagt hat, ist die Führung der Superintendentur auf Verfügung des Reichsbischofs mit dem heutigen Tage abgenommen wurden. Die Vertretung in der Superintendentur ist vom Konsistorium Pfarrer Schraepler in Schenkenberg übertragen worden.
26. Februar
Kreisleiter
Anläßlich der gestrigen Vereidigung des politischen Leiter wurde unser Stellvertreter Kreisleiter Pg. Schimpf entgültig zum Kreisleiter des Kreises Delitzsch ernannt. Mit Pg. Schimpf hat ein alter Kämpfer der NSDAP die politische Leitung unseres Kreises übernommen.
14. März
Eilenburger Straße
Nachdem vor einigen Jahren die Platanen in der Eilenburger Straße abgeholzt werden mußten, hat sich die Stadt neuerdings entschlossen, die untere Eilenburger Straße wieder mit Bäumen zu bepflanzen. Es werden Ahornbäume angepflanzt die nicht so viel Licht wegnehmen, wie es s. Z. die Platanen taten. Auch wird die Fahrbahn dieses Teils der Eilenburger Straße um 80 Zentimeter erweitert und der Radfahrweg, der hier überflüssig ist, verschwindet.
15. März
Heil Hitler
Im Namen des preußischen Ministerpräsidenten und der übrigen Staatsminister ist angeordnet worden, daß künftig in allen Fällen in dem beim Schriftverkehr bisher am Schluß besonders Höflichkeitsformen üblich waren, die Worte "Heil Hitler" anzuwenden sind.
16. März
Bauer
Der Provinzjägermeister hat Pg. Mühlenbesitzer Hans Bauer - Delitzsch, Albert Böhme Straße 3 mit Wirkung vom 10. März 1934 zum Kreisjägermeister des Kreises Delitzsch ernannt.
17. März
Besuch in Delitzsch
Gestern Freitag besuchte Oberpräsident von Ulrich unsere Stadt. Pünktlich 9.45 Uhr traf er in Begleitung von Regierungspräsident Sommer auf dem Marktplatz ein. Er schritt die Front der hier aufgestellten Ehrenstürme der SA und SS ab. Standartenführer von Saal stellte ihm sodann die einzelnen Sturmführer der SA und SS vor. Im Sitzungssaal des Rathauses wurde der Oberpräsident von Bürgermeister Dr. Baumgardt mit einer längeren Ansprache begrüßt und ihm in Anschluß die einzelnen Ratsherren und Beamten der Stadt vorgestellt. Mit Dankesworten für die herzliche Begrüßung verabschiedete sich der Oberpräsident und begab sich ins Kreisständehaus, wo er im Saal vom Landrat Meister begrüßt wurde, der ihm einen Vortrag über die wirtschaftliche Lage des Kreises hielt. Nach einer Rundfahrt durch die Stadt und Besichtigung der Sehenswürdigkeiten ging die Fahrt nach Eilenburg und am Nachmittag nach Landsberg weiter.
31. März
Eisenquelle
Epochemachende Auffindung einer heilkräftigen Eisenquelle in Delitzsch. Bei Gärtnereiarbeiten, die der Umgestaltung des Stadtparkes dienen sollen, stieß man plötzlich in der Nähe des Heiligbrunnens auf stark aufquellende Wassermengen, die die eigenartige Färbung aufwiesen, wie sie eisenhaltigem Wasser eigen ist. Nachdem einige Proben des Wassers an die mineralogischen Institute der Universitäten Leipzig und Halle eingereicht worden waren, liegen auch bereits von dort hervorragende Gutachten vor, die das Wasser als besonders heilkräftig prüfen. Es konnte bisher immer schon angenommen werden, daß in der Nähe des Heiligbrunnens, der bereits in früherer Zeit als Heilquelle über die Grenzen unserer Stadt hinaus bekannt war, und die schon bei den Ureinwohners unserer Heimat, den alten Sorben als Heiligtum angesehen wurde, irgend eine nutzbare Wasserader zu finden sein müsse. An der Stadtverwaltung liegt es nun das "Eisenmoorbad" Delitzsch mit seinem neuen Strudel nutzbringend für die Stadt auszugestalten.
7. April
Zentralbahnhof
Die Schaffung eines Delitzscher Zentralbahnhofes steht in Delitzsch wieder einmal auf der Tagesordnung. Schon seit Jahren beschäftigt man sich mit dieser Angelegenheit. Vor genau 5 Jahren am 3. April 1929 schrieb die hiesige Presse: "In der letzten Zeit mehren sich die berechtigten Klagen über die vollständig unmöglichen Zustände auf den Delitzscher Reichsbahnhöfen vor allem dem Berliner Bahnhof. Wir haben an dieser Stelle schon mehrmals eine baldige Abhilfe gefordert, leider sind aber alle Vorschläge bisher mit dem Hinweis: Es ist ist kein Geld da! in der Versenkung verschwunden." Zwei Millionen Arbeitslose sollen in diesem Jahre nach dem Willen Adolf Hitlers wieder Brot und Arbeit erhalten. Auch unsere Stadtverwaltung hat ein reiches Arbeitsbeschaffungsprogramm beschlossen. Die Reichsbahn muß sich auch in diesem Sinne betätigen. Sie schaffe nun endlich die unwürdigen Zustände auf dem Berliner Bahnhof fort. Der Umbau des Berliner Bahnhofs alleine ist keine tragbare Lösung des Problems. Die Forderung lautet: "Schaffung eines Delitzscher Zentralbahnhofes".
10. April
Schloß
Um das Schloß herum und im Schloß sind in letzter Zeit große Veränderungen vorgenommen worden. Der Schloßgraben ist in eine Promenade ausgebaut worden. Ferner sind die beiden Mauern zur rechten und linken Seite des Schloßes gefallen, um auch vom Schulze Delitzsch Ring einen Zugang zum Schloß zu schaffen. Im Inneren des Schlosses ist die alte Schloßkapelle zu einem Jugendheim ausgebaut worden.
22. April
Heimatmuseum
Mit dem heutigen Tage geht das Heimatmuseum, mit Ausnahme der Vorgeschichtsabteilung, die dem Kreiskommunalverband überlassen wird, in die Hände der Stadtverwaltung über.
2. Mai
1. Mai
Der 1. Mai wurde als Nationalfeiertag hier überaus festlich begangen. Schon am Abend wurden die Fenster festlich illuminiert und mit Grün und Fahnen die Häuser geschmückt. Am 1. Mai morgens 6 Uhr erscholl ein Trompetensignal vom Breiten Turm. Anschließend begann das große Wecken der Spielmannzüge.Um ½ 8 Uhr begann der Aufmarsch der Jugend. Die Schuljugend sammelte sich auf den Schulplätzen und marschierte unter Führung der Lehrer auf den Schützenhofplatz, wo der geschmückte Maibaum feierlich eröffnet wurde. Von 9 bis 10 Uhr hörte dort die Jugend die Übertragung der Berliner Feier. Unterdessen hatten sich die Festwagen auf dem Richard Wagner Platz gesammelt. Um ½ 10 Uhr begann der festliche Wagenumzug beginnend in der Leipziger Straße durch die meisten Straßen der inneren Stadt nach dem Schützenplatz. Hier war von ½ 12 bis ½ 13 Uhr Gesangskonzert der Sängervereinigung Delitzsch in Massenchören. Der Nachmittag brachte den großen Umzug der Betriebe. Bis 13.40 Uhr sammelten sich die einzelnen Betriebe unter Führung ihres Betriebsführers auf dem alten Schützenplatz. Um 14 Uhr erfolgte der Abmarsch des Riesenumzuges durch die Straßen der Stadt nach dem Schützenhofplatz. Hier erfolgte die Übertragung der Feierlichkeiten vom Tempelhofer Felde in Berlin. Um 17.30 Uhr erfolgte der Abmarsch. Die einzelnen Belegschaften blieben dann noch zusammen und feierten in den verschiedensten Lokalen.
14. Mai
Gemeinderäte
Auf Grund des Gemeindeverfassungsgesetzes ist nunmehr für die Stadt die Zahl der Gemeinderäte auf 12 festgesetzt. Desgleichen hat man auch über die Zahl der haupt- und ehrenamtlichen Stellen in der Stadtverwaltung entschieden. Hiernach gelten in Zukunft die Stelle des 1. Bürgermeisters und die eines besoldeten Beigeordneten als hauptamtlich, während weitere fünf Beigeordnete ehrenamtlich tätig sind.
15. Mai
Leichert
Pg. Leichert ist entgültig zum Geschäftsführer der Landkrankenkasse und Ortskrankenkasse ernannt worden.
2. Juni
Faust
Polizeimeister Tuschling ist in den Ruhestand getreten. Der neue Polizeimeister heißt Faust und hat sein Amt gestern bereits angetreten. Er kommt aus Hettstedt bei Eisleben, wo er seit 1932 Leiter der dortigen Polizei war.
15. Juni
Bismarckeiche
Am 1. April 1815, dem 100. Geburtstag Otto von Bismarcks, wurden in Delitzsch zwei Bismarck-Eichen gepflanzt, die eine im Stadtpark und die andere in dem sog. Drei Männer-Weg dem Verbindungsweg zwischen der Hindenburg- und Leipziger Straße. Die letztgenannte blieb leider in der Entwicklung stark zurück und ist kürzlich bei der Umwandlung des Geländestreifens hinter der Badeanstalt zum Kurpark der Axt zum Opfer gefallen. Dabei sind leider die seinerzeit unter der Eiche versenkten Dokumente abhanden gekommen. Erfreulicherweise hat man jedoch Abschriften dieser Dokumente aufgefunden und diese nunmehr gestern unter der Bismarck-Eiche im Stadtpark versenkt.
17. Juni
Moorbad
Die Untersuchung unserer Moorerde durch das Hygienische Institut der Universität Leipzig hat ergeben, daß alle Vorbedingungen für Wirkung der im Moor enthaltenen Stoffe erfüllt sind. Das Moorbad wirkt heilend bei Rheuma, Gicht, Ischias und Frauenkrankheiten. Die Stadtverwaltung läßt jetzt die Umgebung des Bades durch Parkanlagen verschönern, bald wird die Einfriedung am Viktoria-Ring mit den vielen Blumenkasten dem Bad ein neues Bild geben. Das Bad selbst soll durch Anbau von Liegehallen erweitert werden, um allen hygienischen Anforderungen gerecht zu werden.
25. Juni
Neue Straßen
Der Bürgermeister hat neue Staßennamen bekannt gegeben. Die neue Straße, die kurz vor dem Friedhof von der Dübener Straße nach der Beerendorfer Straße abgeht, heißt "General Maerker-Straße", die neue Straße an der Franz Seldte Siedlung ist "Karl Hagedorn Straße" genannt worden. Zwei bekannte Männer, ein deutscher General und ein früherer Delitzscher Bürgermeister sind so geehrt worden.
26. Juni
Arbeitsdienstpflicht
Im Gau Halle-Merseburg und so auch in Delitzsch ist durch Anordnung des Gauleiters die einjährige Arbeitsdienstpflicht eingeführt worden. Nach den Grundsätzen dieser Anordnung soll die gesamte arbeitsfähige männliche Jugend zum Arbeitsdienst herangezogen werden. Ausgenommen bleiben die körperlich Untauglichen und selbstverständlich die mit Zuchthaus Vorbestraften.
8. Juli
Viktoriabad
Unser Viktoriabad stellt sich immer mehr für den Kurbetrieb ein. Noch ist der kleine Kurpark noch nicht fertiggestellt und schon sind Kurgäste von auswärts eingetroffen. Der hochherzige Gönner unserer Stadt Generaldirektor Böhme hat bei Besichtigung der neuen Anlagen aufs neue 1000,- Mark gespendet, sodaß er zum Bau der Anlagen schon 10.000 Mark gestiftet hat. Hinter dem Viktoriabad ist über den Lober eine Brücke geschlagen worden. Die Stadtverwaltung hat von der Kirchengemeinde einige Gärten des Hennig Schroedter Hauses käuflich erworben, die zum Kurpark geschlagen werden. In dem Birkenwäldchen neben dem Viktoriabad ist ein Musikpavillon errichtet worden. Auf den Promenadenwegen sind 10 neue Bänke aufgestellt worden. Im nächsten Frühjahr sollen die Anlagen fertig gestellt sein. Wenn auch das Leben auf dem Stadtgraben durch Absterben der Wildenten zurückgegangen ist, so wird auch hier die Stadtverwaltung wieder Wandel schaffen. Im nächsten Jahre soll neues Leben auf dem Stadtgraben herrschen.
2. August
Hindenburg
Reichspräsident von Hindenburg ist heute morgen 9 Uhr auf seinem Gute Neudeck verstorben.
3. August
Trauerfeier für Hindenburg
Gestern abend fand in der Stadtkirche ein Trauergottesdienst der Militärverbände statt. Vom Roßplatz marschierten die Verbände mit umflorten Fahnen nach der Stadtkirche, wo sich bereits eine große Menschenmenge eingefunden hatte. Die Delitzscher Sängervereinigung umrahmte die Feier durch das Lied: "Es geht bei gedämpfter Trommel Klang". Pastor Suckert fand treffende Worte im Gedenken unseres verehrungswürdigen Reichspräsidenten. Im Anschluß hieran begaben sich die Militärverbände zur Kriegergedächtniskirche und legten für die toten Helden des Weltkrieges Kränze nieder. Kirchenglocken tönten durch die nächtliche Stadt, als die Teilnehmer an der Feier heimwärts gingen. Auf Anordnung des Reichsbischofs findet Sonntag den 5. d. Mts. ein offizieller Trauergottesdienst in unserer Stadtkirche statt. Die kirchliche Chorvereinigung wird singen. Alle Behörden, SA, SS und Bundesmitglieder legen für 14 Tage Trauerflor am linken Oberarm in Uniform und Zivil an.
20. August
Adolf Hitler Reichspräsident
Die mit dem Tode des Reichspräsidenten im Staatsleben entstandene Lücke hat die Reichsregierung unverzüglich dadurch ausgefüllt, daß sie die Ämter des Reichspräsidenten und des Reichskanzlers vereinigten. Adolf Hitler ist also auch das Staatsoberhaupt des Reiches. Am gestrigen Sonntag gab das deutsche Volk in einer Abstimmung seine Zustimmung zu diesem Wahlvorschlag. In Delitzsch betrug die Beteiligung bei diesem Abstimmungsergebnis 96,57 Prozent. Es wählten 9805 mit "Ja", 962 mit "Nein", und 256 waren ungültige Stimmen.
7. September
Der Kurpark am Viktoriabad
Nachdem nunmehr auch die jenseits des Lobers gelegene Hälfte des städtischen Kurparks fertig gestellt worden ist, ist diese für die Öffentlichkeit zugängig. Hinter der Badeanstalt führt eine Brücke über den Lober, über die man nach dem neuen Teil des Parkes gelangt, der mit seinen frischen Rasenflächen und den aufgestellten Bänken recht ansprechend wirkt. Auf der Seite nach dem Verbindungsweg zwischen Hindenburg- und Leipziger Straße ist der Park durch einen Zaun abgesperrt. Dieser Parkteil, der jetzt noch ein wenig kahl erscheint, wird jedoch in Zukunft bestimmt der schönste von allen werden. Im nächsten Sommer werden auf den Beeten 3000 Rosen ihre Blüten öffnen und sicher eine große Besucherschaar anziehen.
8. September
60 Jahre Frauenverein
Zu Ehren seines 60jährigen Bestehens veranstaltete der hiesige Frauenverein vom Roten Kreuz einen Wohltätigkeitsabend. Eine 60jährige Geschichte, die reich an Höhen aber nicht minder reich an schweren Zeiten und Tiefpunkten ist. Umso erfreulicher berührt dann die Tatsache, daß das große Liebes- und Hilfswerk des Vaterländischen Frauenvereins auch in unserer Heimatstadt Früchte getragen hat und gerade in den schwersten Jahren vielleicht seine schönsten Erfolge verzeichnen konnte.
18. September
Pflichtinnungen der Handwerker
Die bisher bestehenden 31 Handwerker-Innungen des Kreises sind mit dem gestrigen Tage aufgelöst worden. Gleichzeitig tagten gestern im Schwan die früheren Innungs-Obermeister des Kreises unter Vorsitz des Präsidenten der Handwerkskammer Sehnert. 19 neugeschaffene Pflichtinnungen schlossen sich der Kreishandwerkerschaft Delitzsch an unter Führung von Kreishandwerksmeister Biehl.
28. September
Auffindung einer Stahlquelle
In der Oskar Reime Straße auf noch nicht bebautem Gelände wurde dieser Tage eine Quelle gefunden, die mehr als 10 Prozent Eisen enthält und infolgedessen den Namen Stahlquelle tragen darf. Die Stadtverwaltung hat die Absicht, diese Quelle einzufassen und dort einen kleinen Trinktempel zu errichten, der den Namen "Neuer Heiligbrunnen" erhalten wird. Interessant ist, wie man diese Quelle entdeckte. Bei Untersuchungen, die der Chemiker Mischon mit Wasser aus dem Rosenthal unternahm, wurde festgestellt, daß dieses Wasser stark eisenhaltig war. Chemiker Mischon verständigte davon die Stadtverwaltung. Man vermutete, daß die ursprüngliche Quelle des Heiligbrunnens, die infolge der Kanalisation im Laufe der letzten Jahrzehnte versickert war, nunmehr an einer andern Stelle hervortrat. Zunächst suchte man in der Nähe des Eisenmoorbades nach, fand aber dort nur gering eisenhaltiges Wasser. Darauf wurde die Sache am Rosenthal und am Dietze'schen Garten fortgesetzt, bis man jetzt in der Oskar Reime Straße den "Neuen Heiligbrunnen" eine Stahlquelle, die mindestens ebenso gut wie die von Bad Lauchstädt ist, entdeckte.
8. Oktober
500 Jahre Bäckerinnung
Unter starker Beteiligung zahlreicher Ehrengäste und Bruderinnungen konnte die Bäckerinnung Delitzsch und Umg. am gestrigen Sonntag im festlich geschmückten Schützenhaussaal ihr 500jähriges Bestehen mit Fahnenweihe begehen. Monatelange Vorbereitungen, jahrelanges Zurücklegen von Spargroschen zu Spargroschen, eine unermüdliche Kleinarbeit des Festausschusses waren vorangegangen. Von Behördenvertretern waren anwesend der Präsident des Germania-Verbandes Karl Grüßer - Berlin, der Präsident der Handwerkskammer Sehnert - Halle, Dr. Baumgardt als Vertreter des Landrats und der Stadt u.a. Es sprachen Innungsobermeister Rehn, Gewerbeoberlehrer Scharruhn, Bürgermeister Dr. Baumgardt, Sehnert - Halle und Kreishandwerksmeister Biehl. Umrahmt wurde die Veranstaltung durch Gesangsduette und Darbietungen des Innungsgesangvereins der Bäcker. Es liefen mehrere Glückwunschtelegramme ein. Ein Ergebenheitstelegramm wurde an Adolf Hitler gesandt.
21. Oktober
Fischzug im Stadtgraben
Der große Fischzug im Stadtgraben, der alle zwei Jahre stattfindet, wurde gestern beendet. Er ergab folgendes Resultat: 869 Pfund Karpfen, 124 ½ Pfund Schleie, 211 ½ Pfund Hechte, 15 Pfund Barsche, 1 Pfund Aal, 273 Pfund Weißfische. Vor 2 Jahren wurden eingesetzt: 2 Zentner Karpfen (zweisömmerige) und 1 Zentner Nutzschleie.
22. Oktober
Parkstraße
Die Stadtverwaltung hat eine Verbindung zwischen Dietze-Garten und dem Stadtpark geschaffen dadurch, daß die Parkstraße mit Pyramiden-Pappeln bepflanzt wurde. Die Anpflanzung ist möglich geworden durch eine Stiftung der Firma Ed. Pönicke u. Comp. Delitzsch, welche die Pappeln aus ihren Beständen zur Verschönerung der städtischen Anlagen in freundlicher Weise schenkten.
24. Oktober
Hermann Göring Straße
Da die auf der Hermann Göring Straße vor einigen Jahren angepflanzten Ulmen nach und nach eingehen, hat sich die Stadtverwaltung entschlossen die restlichen auch schon stark erkrankten Ulmen auszuheben und Kugelahorn-Bäume an die Stelle zu pflanzen. In dankeswerter Weise hat sich Generaldirektor Böhme bereit erklärt, die Kosten der neuen Anpflanzungen zu übernehmen.
2. November
Fabrikstraße
In den letzten Wochen ist die Fabrikstraße von unserer Zuckerfabrik vollständig erneuert worden. Man hat sie verbreitert, die Schlaglöcher beseitigt und nunmehr auch zu beiden Seiten Kugelakazien angepflanzt. Die entstandenen Kosten trägt die Zuckerfabrik. Ferner hat die Stadtverwaltung einen neuen Verkehrsweg zwischen Eilenburger- und Bismarkstraße herstellen lassen in der Verlängerung der Querstraße unter Abbruch des von ihr erkauften Hauses Grünstraße 26. Die neue Straße hat in der Verlängerung die Körnerstraße.
12. November
Bisamratten / Delitzsch als Garnison
Nachdem vor einigen (Tagen d.A.) im Lober zwischen Döbernitz und der Stadt eine Bisamratte entdeckt und auch erschossen wurde, bemerkte fast an derselben Stelle der Jagdpächter Dorn wiederum eine Bisamratte. Er legte sich auf die Lauer und erschoß sie als sie im Bach schwamm. Nach Angabe des Schützen befinden sich noch mehr dieser gefährlichen Nager im Lober. Es ist wenig bekannt, daß Delitzsch vor 1815, als es noch zu dem Kurfürstentum und späterem Königtum Sachsen gehörte, lange Jahre hindurch Garnisonstadt gewesen ist. Vom Ende des Siebenjährigen Krieges im Jahre 1763 an bis zum Jahre 1810 lagen ununterbrochen Truppenteile in unserer Stadt. Es waren Grenadiere. Auch Garnisonorte der Grenadiere waren Leipzig und Eilenburg.